Der gesamte Abend stand unter dem Motto »Vom Dach der Welt zum Karakum« und bot dementsprechend weiter Musik aus Zentralasien an: Die allein auftretende Kasachin Raushan Orazbaeva spielte das Kyl-Kobyz, ein Instrument, das an sich nur von den Schamanen der Region gespielt werden darf. Das erste Stück war folgerichtig den Good Vibrations aller Anwesenden gewidmet. Orazbaeva schaffte es im folgenden den Zuhörer in den nahezu magischen Bann ihrer Musik zu ziehen. Es folgten die aus dem Altai stammenden Bolot Bayshirev und Nohon Shumarov, die auf traditionellen Instrumenten der Region spielten: Maultrommel, Lauten und Flöten kombiniert mit dem betörenden Obertongesang sorgten für spirituelle Momente, die in der gemeinsamen Session mit Orazbaeva nur noch mehr verdichtet wurden.
Mundadjat Yulchieva präsentierte mit ihrem aus Usbekistan angereisten Ensemble sehr Traditionelles, blieb aber im Vergleich zu ihren Vorgängern zu hermitisch, weil sie in ihrem konzertant gehaltenen Auftritt keine Interaktion mit dem Publikum einging. Das genaue Gegenteil vermittelte der letzte Act am Donnerstag: Karakum, die Gruppe um den Show-Gitarristen Enver Ismailov, der nicht nur mit verblüffender Gitarrenbehandlung aufzuwarten wusste, sondern dem Publikum auch Selbstironie vermittelte.
Großartig: Lucìa Pulido
Höhepunkt am Freitag war sicherlich das Konzert von Lucìa Pulido, die sich mit ihrer tollen Stimme sofort in die Ohren und Herzen des Publikums sang. Die frei aufspielende Backingband rund um den hervorragenden venezolanischen Gitarristen Aquiles Baez brachte Traditionals aus Lateinamerika, insbesondere aus dem Songbuch Venezuelas, das so schöne Lieder beinhaltet wie »El Gavilan«. Pulido zeigte sich auch live als traditionsbewusste Erneuerin. Sicherlich ein Höhepunkt der Festivals!
Wie immer liegen Höhe- und Tiefpunkte nah beieinander: Als solcher müssen die auf der Zeltbühne programmierten Innviertler Wadelbeisser erwähnt werden. Musik aus Fernsehserien oder Filmen bzw. Stücke aus anderen Genres mit heimischen Blasmusikinstrumenten zu spielen, war schon bei Mnozil Brass nicht lustig, sondern eher ärgerlich. Freilich: Die Welt ist groß genug für alles und wer so genannten Humor mit dem Holzhammer dargeboten bekommen wollte, der bekam von den Innviertler Buben einen ordentlichen Scheitel gezogen!
Ansonsten: Ein großartiges Festival und man darf sich schon auf das nächste Jahr freuen!