Die Türen sind zurück! Größer, leuchtender und berechtigter denn je! »Exoterik« heißt das wahrhaft große und überladene Werk. Über nahezu zwei Stunden und sechs Plattenseiten erstreckt sich ihr Diskurs über das Äußere. Um keine Geheimlehre – wie die Antipode zur Exoterik, die Esoterik –, sondern um das, was ist, nicht sein soll, uns tatsächlich im ganz existenziellen Äußeren am Leben hindert, soll es hier gehen. Und das schon mal in Form von Parolen, die gleichzeitig aber auch wie die einfachste – und bislang alltäglichste – Wahrheit einem entgegenkommen. »Miete Strom Gas«, eine wunderbar zornige Krautrock-Orgie, kommt dabei sogar nur mit diesen drei Schlagwörtern aus: Miete, Strom, Gas, wenn die abbezahlt sind, können wir uns vielleicht noch überlegen, zu leben. Versöhnlicher da noch der Opener »Welthundetag«: »Heute ist Welthundetag und wir gehen in den Park und lassen uns kraulen, Hundeseele baumeln.« Was für eine perfide Taktik, gleich zu Beginn für uns alle den Welthundetag zu erklären. Ein guter, schlechter Anfang also. Nachdem die Rechnungen bezahlt sind, klingt das »Nothing will stop the fiesta, antifa, antifa« von »Fiesta Antifa« in seinem dubbigen Rhythmus doch eher verhalten. Die Art-Punk-Nummer »Abgehauen« rundet die erste Seite soweit ab.
In progressive Längen driften wir dann zum ersten Mal in dem dennoch von Ideen überbordenden »Lieber Gott«. Dafür finden selbst die Türen keine Worte: instrumentale Gewalt und hypnotischer Lautgesang. Die Transzendenz ist sprachlos. Dagegen ist die Immanenz ein menschlich unmenschliches Chaos, in dem wir uns als kritische Subjektkonstitutionen wiederfinden: »Ich bin eine Krise«: »Keine Zeit, keine Liebe, kein Glück, keine Zeit, kein Geld, kein Glück«. Liest sich wie ein Gebet moderner Zeiten, nicht? Poppig und fast schon zum Mitsingen dann aber doch noch eine einfache Wahrheit: »Information ist der Unterschied, der soziale Unterschiede macht.« Eh, richtig, aber wohl auch nicht alles … Gibt ja noch mehr Unbequemes, wie die ein oder andere Selbstverständlichkeit: Nazis in Deutschland zum Beispiel. Mit »Rave Regime« bequemen sich die Türen – innerhalb ihres experimentellen Zugangs – tatsächlich auch noch in Richtung Techno und bekunden: »Kein Regime, das uns gefällt, aber Menschen auf der ganzen Welt«. Also sich trennen von dem, was eh schon die längste Zeit einengt: »Das sind doch alles nur bundesbürgerliche Ideale, kommen in die Jahre, kommen in die Regale«, singen die Türen am Ende der vierten Seite zu schleppend-lärmigem Art Punk.
Die drei Teile des Titeltracks erstrecken sich auf einer ganzen Plattenseite immerhin über 22 Minuten. Hier geben sich die Türen Raum für ausgiebige Krautrock-Experimente und sind dabei genauso modern wie dem großen Stil ihrer Epigonen verpflichtet. Gut, dass es dafür eine eigene Seite gibt. Weiter geht’s ganz im Sinne Kraftwerks, nur rückwärtsgewandt: Der »Regional Express« ist kein fortschrittlicher »Trans Europa Express«, wir mäandern auf den Schienen der Vergangenheit zum »Gasthof zur Eisenbahn«, in dem wir dann zu dronig-experimentellem Sound zum Stehen kommen. »Doch ich hab’ keine Angst«, erhebt sich hier wieder die Stimme von Maurice Summen, langsam steigert sich auch die Musik dazu, bis alle mitsingen dürfen: »Wir haben keine Angst«. Völlig den experimentellen Spielereien ist dann die letzte Plattenseite gewidmet: »Oma«, »Lake Angela« und das fast viertelstündige »Irgendwo hingelegt« fallen dann aber leider am Ende dieses Meisterwerks etwas ab.