»Lonely People with Power« – wenn Einsamkeit in Machtgier mündet. Mit ihrem neuesten Album interpretiert die Blackgaze-Band Deafheaven den Zerfall der Menschlichkeit, der nicht nur in der westlichen Politik, sondern auch in unser aller Umfeld bemerkbar wird. Empathie und Zusammenhalt weichen Größenwahn und Grausamkeit, Egozentrismus und Ignoranz. Auf der Suche nach Führung verliert der Mensch sich selbst. Ein Umstand, den Frontmann George Clarke nicht nur im Außen bemerkt. Auf dem sechsten Album der Band, die bereits seit 15 Jahren besteht, fließen persönliche Erfahrungen und Auseinandersetzungen mit Heimat und elterlicher Prägung ein. Der Sänger zeigt Gefahren hinter Autorität auf, die aus Prinzip und wegen unreflektierter Überzeugung ausgeübt wird, statt Raum für eigene Gedanken zuzulassen. Er fordert seine Zuhörerschaft auf, Fragen zu stellen, eigenständig zu denken und nicht die Fehler zu wiederholen, die in der Vergangenheit passiert sind. Macht durch Ausgrenzung, Einfluss durch Ruchlosigkeit; es sind fragile Beweggründe, die schlussendlich mehr Schaden anrichten als eindämmen. Als Gegenentwurf dieser dystopischen Aussicht funktioniert das Album selbst. Clarke beschreibt den Produktionsprozess als gemeinschaftliches Projekt, in dem alle fünf Bandmitglieder sich unterstützten und voneinander lernten. Es wurde live im Studio aufgenommen statt tonspurig eingespielt, sodass die Energie, die die Band auf Auftritten entfesselt, eingefangen und abgemischt werden konnte. Während Deafheaven sich im Laufe ihrer Karriere immer weiter an Shoegaze näherten und von Blackmetal abwichen, kehren sie mit »Lonely People with Power« zurück zu ihren martialischen Wurzeln. Der großteils gutturale Gesang wird getragen von Blastbeats und gebrochen durch tiefgreifende, verhallende Gitarrenriffs. Es ist ein ausgewogenes, komplexes Album, dessen Interludes »Incidental I-III« wie verhängnisvolle Lichtungen wirken und ein Kapitel nach dem anderen eröffnen. In dem Dickicht aus Schuld und Unrecht sucht Clarke nach Vergebung: »Everyone wields a certain amount of power. Everyone, in a sense, is a lonely person with power.«

Deafheaven
»Lonely People with Power«
Roadrunner Records

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