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»Dallas Buyers Club« – Hedonist, HIV-Positiver, Hero

In Jean-Marc Vallées Biopic ringt der HIV-positive Ron Woodroof im Texas der 1980er zunächst ums Ûberleben. Daraus entwickelt sich ein Kampf gegen Vorurteile und den Einfluss der Pharmariesen.

Leichte Mädchen, harte Getränke, schnelles Geld – Ron Woodroof lässt nichts anbrennen, genießt legale und illegale Stimulantien und bessert sein Einkommen als Elektriker u. a. mit kleinen Dealereien auf; kein wirklicher Krimineller, sondern ein typischer Vertreter der weißen Unterschicht (der »standesgemäß« in einem Trailer Park wohnt). Es ist Mitte der 1980er-Jahre. Den Tod des an AIDS verstorbenen Rock Hudson kommentiert der großmäulige Macho Woodroof (dargestellt von Matthew McConaughey, der dafür auch für den Oscar nominiert wurde) mit einer abfälligen Tirade gegen »Schwuchteln«. Als kurz darauf Woodroof selbst als HIV-positiv diagnostiziert wird, ist nicht nur sein homophobes Weltbild erschüttert. Er wird mit der Prognose, nur noch wenige Monate zu leben zu haben, konfrontiert, verliert den Job und seine Freunde.

Zunächst geht es ihm ums eigene Ûberleben. Später verbindet Woodroof Eigennutz und Geschäftssinn und verhökert eingeschmuggelte AIDS-Medikamente aus Mexiko. Der ebenfalls HIV-infizierte Transsexuelle Rayon (Jared Leto) soll ihm helfen, zahlende Kunden zu finden, wird sein Geschäftspartner. Durch die Gründung eines »Buyers Club«, dessen Mitglieder gegen eine Monatsgebühr Medikamente erhalten, stellt Woodroof das Unternehmen auf eine legale Basis.

Zwischen Realismus und Gaunerkomödie

Ron Woodroof gab es wirklich. Der AIDS-Aktivist starb 1992, Jahre nachdem ihm Ärzte den Tod prophezeit hatten. Und die Geschichte des texanischen »Cowboys« der sich zum HIV-Experten, gewieften Geschäftsmann und schließlich zum Philantropen mausert, bietet natürlich einen idealen Stoff für eine filmische Adaption. Zum Glück entwickelten Regisseur Jean-Marc Vallée und das Drehbuch-Team Craig Borten und Melisa Wallack aus der larger-than-life-Biografie kein heroisches Leinwandmelodram, sondern situieren die geradlinig erzählte Story zwischen Realismus und Gauner-Komödie. Die 80er sind trist-trashig nachgebaut, kein Texas der Ölbarone, es sind die Peripherien, an denen sich die ProtagonistInnen herumtreiben: Billige Bars, Schwulenclubs, Straßenstrich, die Kassenpatienten-Abteilung im Krankenhaus (bzw. wie auch immer das US-Pendant zu Kassenpatienten heißen mag), ein paar Zimmer in einem Motel (dominierender Farbton Türkis) werden zu Woodroofs Firmensitz. McConaughy stellt Woodroof als schlitzohrigen Südstaaten-Prolo dar, der sich lustvoll in den Kampf gegen das Gesetz, Steuerbehörden und die Schulmedizin begibt. Vielleicht eine Art Schmerzensmann mit Burt-Reynolds-Attitüde. Seine grundlegende Aggression bringt ihm einerseits Troubles, liefert ihm aber auch die Energie, sich immer wieder aufzurappeln und es mit allen möglichen Gegnern aufzunehmen. Ein großes Maß an Pathos bleibt dem Publikum durch den fast völligen Verzicht an Filmmusik erspart. Nur gegen Schluss des Films werden die Bilder von reichlich akustischem Schmalz begleitet.

»Dallas Buyers Club«

Regie: Jean-Marc Vallée

Mit: Matthew McConaughy, Jennifer Garner, Jared Leto, Denis O’Hare, Steve Zahn u.a.

USA 2013

Verleih: Thimfilm

Ab 7. Februar im Kino

Home / Kultur / Film

Text
Jenny Legenstein

Veröffentlichung
14.02.2014

Schlagwörter

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