Tex Rubinowitz
Tex Rubinowitz

Aufbereitet, gedruckt, geheftet & gelöscht

Es gibt eine merkwürdige französische Redewendung, die ich nie so ganz verstanden habe, sagt sie doch offensichtlich das eine und behauptet gleichzeitig das genaue Gegenteil: »On n'a pas tous les jours vingts ans« (»Man wird nicht alle Tage zwanzig«). Twenty what/What »twenty«?

»Es ist schon eigenartig, dass wir glauben konnten, das Bedürfnis, sich auszudrücken, eine Spur in dieser Welt zu hinterlassen, sei eine mächtiger Antrieb; im Allgemeinen ist das nicht genug. Was am besten funktioniert, was die Menschen wirklich gnadenlos dazu antreibt, über sich selbst hinauszuwachsen, ist immer noch das unmittelbarste und grundlegendste Bedürfnis: Geld.« (Michel Houellebecq, »La carte et le territoire«, Sept. 2010)

Schauen wir mal: »Für euch bin ich ein Atheist, für Gott bin ich die loyale Opposition.« (Woody Allen) – Wenn wir das tun, was wir bisher getan haben, folgen, verhindern, reagieren, begleiten, stoppen, erhellen, übersetzen oder schlucken wir dann? Subjekt oder Objekt (anal oder oral)? Sind wir eine »Stütze« oder werden wir, ganz im Gegenteil, selbst gestützt? Der Wunsch, »sich zu beteiligen«, eine (oder mehrere) Rolle(n) zu spielen, jeden Tag aktiv zu sein, BeobachterIn und ZuhörerIn (um alles genau zu untersuchen), irgendein Hör-Denk-Fu&szlig-Bauchprinzip (ein aktives Prinzip jedenfalls).

Gute Ausgangsbasis, um weiterzudenken ??

William S. Burroughs überschrieb seinen ersten literarischen Versuch mit dem Titel »Die Autobiographie eines Wolfes«. Inspiriert wurde er durch die Lektüre des Buches »Die Biographie eines Grizzlybären«, die damit endet, dass der arme alte Bär, angeschlagen und verlassen, in ein mit giftigen Dämpfen gefülltes Tal wandert. All right, Bill. – Zwanzig Jahre, das ist schon ein grö&szligeres Kapitel im Leben, vor allem angesichts der Tatsache, dass wir bei diesen zwanzig Jahren normalerweise an unsere ersten zwanzig Jahre denken. Die Zeit der ?? was eigentlich? Es gibt auch eine französische Wendung, die ich immer sehr mochte (18. Jahrhundert, Vivant Denon, Gamiani, Mirabeau, ??): »Les Affronts du Temps« (»Die Kränkungen der Zeit«).

Gewiss gibt es viele Menschen, die denken: »Es ist das absolute Recht des Staates, die Bildung der öffentlichen Meinung zu überwachen« (Joseph Goebbels). Oder verbrämt als Dogma, nunmehr allgemein akzeptiert (ertragen, in den Arsch gesteckt) als »Produkt«. Laut Karl Marx gibt es keine Kunstgeschichte. Wie auch immer, wir taten, was wir taten, wir tun es nach wie vor, Kunst ist eine tägliche Praxis. Wenn wir aber jetzt einräumen, dass wir bei keinem Album, keinem Ereignis, keinem Buch, keiner Saison je aufgehört haben, eine Linie zu verfolgen, eine Richtung zu vertreten, Vorschläge zu machen? Eine Plattenkritik, ein Essay, ein Bericht, eine Chronik ?? das alles ist ein Text. Ein Text, den man liest, und nicht eine Platte, die man sich anhört, eine Show, die man erlebt, eine DVD, die man sieht, sondern ein Text, den man liest. Bei der Person, die ihn liest, fördert er normalerweise Verdrehtes oder Verdächtiges zutage (hier kommen Sie ins Spiel). Er sollte keine Frage beantworten, kein Problem lösen, er sollte vielmehr bewirken, dass eine grö&szligere Unsicherheit zurückbleibt und das zwingende Bedürfnis nach freier Assoziation geweckt wird. Einem bestimmten Musikstück wird immer ein anderes Musikstück »entgegengesetzt«. Genauso wie man Diamanten mit anderen Diamanten schleift. Es wird fünf Minuten, drei Sekunden, 21 Jahre oder sieben Leben dauern, wir haben Zeit. »Tradition ist die Illusion von Dauer« (Woody Allen). Genau ?? solche Sachen.

?? und tiefer hineinzuhorchen

Ich selbst empfinde bei Geburtstagsfeiern immer ein leichtes Unbehagen, jedenfalls wenn es um mehr als vierzehn Jahre geht. Ich dachte immer, man solle die Jahre der Unfähigkeit, der Nicht-Autonomie feiern, bis zu jenem Tag, wo man ohne fremde Hilfe fliegen kann. Der Zähler, der Kalender, die Uhr sagt nämlich nichts über Dichte, nichts über Erfahrung oder die eigenen verschlungenen Pfade (wie sich auch die meisten Menschen, die als Kinder ein Instrument lernen mussten, nie darüber äu&szligern, wie und was sie spielen können, sondern einem nur vorrechnen, wieviel Jahre sie sich mit dem Klavier, der Gitarre oder der Flöte »beschäftigten«). Ich sehe zwanzig Jahre skug als gute Ausgangsbasis, um weiterzudenken, tiefer hineinzuhorchen, den Dingen auf den Grund zu gehen. »Der Erzähler ist der Beobachter, vom Autor am Schauplatz postiert, und er fühlt sich in dieser Rolle höchst unbehaglich, weil er sich nicht einmal die eigene Präsenz erklären kann.« (William S. Burroughs, »Jack Kerouac«) – Sollen wir einfach weitermachen?

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