Eine Horde Kinder sitzt mitten in einem Sandkasten und baut eine Sandburg. Es ergeben sich skurrile Gebilde, kreisrunde Türmchen und Mauern, aus Händen geformt, die in ihrer Kindlichkeit sämtliche Regeln einer stabilen Architektur außer Kraft setzen. Doch jedesmal, wenn ein Sandgebäude seine finale Form zu erreichen sucht, fängt eines der Kinder von einer plötzlichen Idee angetrieben an, die Sandburgmauern und Türme einzureißen. Das Geformte wird deformiert, neu zusammengesetzt und wieder zerstört.
Steht man bei einem Konzert von Architecture in Helsinki im Zuschauerraum, verhält es sich ähnlich. Man betrachtet die Performance einer Horde Jungs und Mädels, die sich einem stetigen Kreislauf verschrieben hat: Das Aufbauen, das Abbrechen und wieder Aufrichten von einsturzgefährdeten Gebäuden.
Gleich zu Beginn dieser Vorführung wartete die achtköpfige Gruppe mit großem Tamtam in fast Wagnerscher Geste auf. Trommeln schlugen ohrenbetäubend, dazu ein effektvoller Bläsersatz mit voll aufgedrehten Gitarren. Es folgte »It’5«, getragen von süßlichem College-Girl-Gesang, unerwarteten Tempowechseln und einer zappahaften Skurrilität. Immer wieder stachen einzelne Passagen mit wunderbaren Popmelodien hervor.
Hörte sich die CD »In Case We Die« noch wie eine gezähmte Hauskatze an, zeigte man auf der Bühne nun die Krallen: Im Chor wurde ins Mikrophon gebrüllt, alle paar Minuten wechselten die acht Australier ihre Instrumente oder die Stilrichtung. Unberechenbarkeit wurde hier zum Maß aller Dinge.
Fast schien es nun so, als würde für Architecture in Helsinki kein Unterschied zwischen Proberaum und Bühne bestehen. Wie Kinder auf einem Spielplatz von Spielgerät zu Spielgerät springen, war ihr Spiel von kurzen, spontanen Ideen geleitet. Hier ein paar Schläge auf den Bongos, dort ein wenig Mitrasseln oder Mitsingen. Anstatt einen eindeutigen Schlussstrich nach jedem Stück zu ziehen, bevorzugte man es, noch ein wenig auf den Gitarren herumzuschrammeln. Das war dann aber alles andere als ein energiegeladenes Noise-Gewitter: Vielmehr verschwamm alles zu einem undurchsichtigen Klanggebilde; haltgebende Konturen wurden von jugendlichem Übermut überdeckt. Das mochte den Ausführenden eine Menge Spaß bringen – für den Zuschauer war es nicht besonders interessant.
Allein ihrem locker-sympathischen Auftreten ist es zu verdanken, dass die Architektur ihrer Stücke nicht in die Belanglosigkeit abrutschte. Architecture in Helsinki haben einen Abend voll von wundervoll arrangierten Songs geboten, es fehlte nur die Konsequenz, diese auch ohne Einstürze zu präsentieren.