Wird der wundschürfende Aspekt beiseite gelassen und stattdessen das Volkskulturbehaftete in den Kernpunkt gezogen, erweist sich Gåte für das Quintett als durchwegs kleidsam. Ihre Tonträger bauen sich vielschichtend über bekannte Weisen auf, jedoch nicht ohne sorgsam den Staub aus den Falten der Tracht zu schütteln, welche sie letztendlich beiseite legen, um bereits rein äußerlich vehement die Anerkennung ihrer Eigenständigkeit einzufordern. Das gruppale Erscheinungsbild gerät dadurch einen Deut in Schieflage, denn der so gemeinte Ausdruck an Individualität fällt, zu verwechseln mit der Erfüllung festgelegter Rollen bzw. bewusst bezweckter Abgrenzung, voneinander. Ein Versuch, der ebenso angestrengt bemüht ist wie folgender Vergleich: Die Offenkundigkeit der Uniformität der Village People fehlt, dafür gibt’s Gjermund, den Ernsthaften; Sveinung, den Coolen; Martin, der das Porträt Oscar Wildes repliziert; Magnus, der sich in die Band des Produzenten (Alex Møklebust von Zeromancer, ein begnadeter Poser vor dem Herrn) ohne farbliche Abhebung dazugesellen könnte. Schließlich noch Sängerin Gunnhild, die Elfenhafte, der es ein Leichtes ist, mit ihrem zart-gebrechlich beginnenden, dann aber schneidend-bedrohlich anschwellenden Vokal gegen das Instrumentalquartett anzusingen. Der Zirkelschlag zu Björk, der isländischen Überirdischen, ist ein notwendiger und in diesem Zusammenhange ein endlich auch angebrachter.
Ein Rückschwenk zur Wortbedeutung in seiner simplen Form: Gåte geben Rätsel auf. Die Band stellt sich selbst und den von ihnen erstrebten musikalischen Ausdruck in Frage. Lässt sich (norwegische) Volksmusik in ein klanglich modernes Umfeld setzen, ohne Verbindung zur Tradition zu verlieren oder sich formlos in der Kluft zwischen vertrauten Weisen und Rockmusik festzusetzen? Die Unbegründetheit solch formulierter Zweifel wird beim unmittelbaren Antippen der selbsttitulierten EP oder des Albums »Jygri« klar: Die aus und um Trondheim stammenden, bei Aufnahmen und Konzerten extrem fokussiert agierenden Mitglieder diesseits der 20 verwerken die persönlichen Stilrichtungen mit althergebrachten Dichtgesängen zur allgemeinen (Einstellige Chartsnotierungen, plus Zuerkennung des anerkannten Spellemann-Preises in der Kategorie Newcomer) wie gruppeninternen Zufriedenheit. Keinesfalls hat HörerIn sich beim Plattenerwerb zu sorgen, mit absehbar peinlichem Auswurf schierer Volksmusikerneurer konfrontiert zu werden. Die mitgliederunterschiedlichen musikalischen Hintergründe verquicken sich zu einem Gemisch, das im Ergebnis hörbar intensiv skandinavisch mit opulent-gothicalen Nachgeschmack ist.
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