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Lustvolles Desaster – Einstürzende Neubauten in Wien

Der Tanz in den Trümmern. Zerstörung ist Party! Einen langen, langen Weg sind die gegangen, die wüstesten und vollwertigsten Erbauer des Industrial, des Maschinenrocks, des Dekonstruktionspops in kompletter Selbstauflösung seiner Mittel.

Sie etablierten Gitarrenkrachwälle zu den stampfenden Rhythmen von zersägten Wellblechhütten, Perkussionstakkati aus Stahlrohr und Flex. Dazu der manisch kaputte Deklamationsgesang Blixa Bargelds, psychopathologisch über den Punk hinausgeschritten und dabei an Aggression noch zugelegt. Keine Schönheit ohne Gefahr. 15, 20 Jahre bevor kommerzialisierte Abziehpüppchen wie Nine Inch Nails oder Rammstein ihren Stil in die Breitwand traten. Ewigkeiten, bevor Mia und alle Konsorten in Sachen Elektroklatsche jener Energie, jenen Ideen nachgierten, die das Berliner Fünftett locker aus dem ungewaschenen Hemdsärmel schüttelte: Hedonismus, Geilheit und Leere im Mülleimer Welt. Du bist Scheiße, nichts als ein Virus, also mach was draus. Und wenn es nur heißt, zurückzubeißen. Der kometenhaften Aufstieg zur Kultband der Achtziger hinterließ durchwegs irreparabel zerfetzte Bühnen, die Heiligsprechung an allen Kulturfronten, massig Kids in Schwarz, die Heinrich- Heine-Gedichte schreiend Schrottplätze verunsicherten. Mit den Neunzigern freilich wurde alles langsamer, bewegte man sich bauchwärts in die Clubs und Theater, setzte man zunehmend auf die kleinen Laute. Entsprechend grummelt der Vulkan namens NEUBAUTEN auf »Perpetuum Mobile«, ihrem zwölften Album, nur ganz leise in seinen Magmaschlunden. Doch grummeln tut er, genussvoll verbittert, sexy überheblich, hypnotisch bedrohlich. Als Erbschaft der von Bargeld frisch verlassenen Parallelband Nick Cave And The Bad Seeds klassischer als sonst verpackte Songsermone, die sich und uns nichts schenken. Da packt König Feurio vielleicht nicht alle Tanzgäule auf den Armageddonfloor. Doch knurrige Lebensgier und Daseinsverwirrung kennt kaum hübschere Gewänder.

New Album: »Perpetuum Mobile« (VÖ 8. Februar 2004, Vertrieb:EMI)

Foyersoundz hosted by skug – Journal für Musik
CLUB LE SUCK – Fucked up Sweets for Degenerate Lovers
Lederdisco, Sadomaso-Breaks, Soundschwitzkästen und Indie-Cunnilingi
On Decks: Heinrich Deisl & Paul Poet

L i v e: 17.3.2004 im WUK, Währingerstr. 59, 1090 Wien

>> www.wuk.at
>> www.emimusic.at

Home / Musik / Artikel

Text
Paul Poet

Veröffentlichung
07.03.2004

Schlagwörter

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