Was für eine Bedeutung steht hinter dem Namen Dublex Inc.? Was sollen die Leute da draussen mit Dublex Inc. assozieren?
Dublex Inc: Gute Musik!
Zuerst mal zu eurer Entstehungsgeschichte: Bevor Dublex Inc. ins Leben gerufen wurde, seid ihr 4 ja bereits schon einige Jahre als DJ’s tätig gewesen – in einem der renommiertesten Clubs in Deutschland, in Stuttgart, wart ihr Donnerstagnacht in den verschiedensten Konstellationen Residents. Was war schlussendlich der entscheidende Auslöser dieses Producerkollektiv zu gründen?
D.I.: Ich (Felix Stecher) »produziere« Musik bzw. bastle Beats seit meinem 13 Lebensjahr. Beeinflußt von Oldschool HipHop und später dann House und Acid versuchte ich alle Inspirationen in einem Stil unterzubringen. Flo (Anm.: Florian Pflüger) kam dann Jahre später hinzu so um 1997/1998. Eine Phase extremen Experimentierens begann, ich wurde durch Ihn mit Dub, Bossa Nova, Latinberaks, Drum`n’Bass und Downbeats infiziert…. die ersten Dubbreaks entstanden. Wir gaben uns nach einigen verhängisvollen Namensgebungen den Namen »Dublex«. Erst 2000 vereinten wir uns mit einem anderen Duo in Stuttgart: Rino & Robin.
Wie ging es dann in der Folge weiter?
D.I.: Nach und nach entwickelte sich erst ein Stil. Anfangs war es noch gar nicht so richtig sicher wie ernst uns das alles war. Wir sind sehr blauäugig und naiv an vieles herangegangen. Wir haben hie und dort mal etwas gemacht ohne jegliche Strategie. In dieser Hinsicht hat sich inzwischen viel geändert.
Der erste Dublex Release im Herbst 2000 war die »Collage EP«. Wie schwer bzw. leicht war es damals einen Abnehmer (ein Label, ein Vertrieb) für euer neugegründetes Projekt zu finden?
D.I.: Die Collage EP entstand im Sommer 2000. Tobias Ettle und Michael Harrer die Gründer und damaligen Eigner von »Pauls Musique« (http://www.paulsmusique.de) hörten sich hin und wieder Sachen an die ich gemacht hatte und fragten mich dann ob ich Lust hätte bei Ihnen auf dem Label eine EP zu veröffentlichen.
Auf was für Ressonanz ist eure erste Veröffentlichung gestossen? Was waren zu diesem Zeitpunkt eure Erwartungen bzw. Vorstellungen?
D.I.: Erwartungen gab es eigentlich keine, doch als die Platte dann plötzlich in den Deutschen Club Charts auf Platz 4 landete war ich doch ganz schön erstaunt. Naja man muß dazu sagen, dass zu dem Zeitpunkt ein unglaublicher Latin-Hype am entstehen war.
Daraufhin gab es schon einige Remix Aufträge, z.B für Jürgen Drimal’s Freedom Satellite oder De Phazz. Vorallem habt ihr in diesem Zeitraum euer eigenes Label Pulver Records gegründet. Welche Intention steckte damals hinter der Gründung von Pulver Records (http://www.pulver-rec.com)?
D.I.: Genau in dieser Phase stiessen Rino und Robin zu uns. Der musikalische Horizont wurde noch mehr erweitert als er eh schon war. Die Intention war dann von dem Latin- Klischee abzurücken und zu zeigen: Voila wir können mehr. Tangoforte entstand und keiner wollte diesen Track veröffentlichen. So sagten wir uns, ein eigenes Label muß her, wo wir tun und veröffentlichen können was und wann wir wollen.
Ein eigenes Label ist natürlich sehr viel Arbeit und vorallem 100% Verantwortung für Erfolg und Misserfolg, viel Papierkram und so weiter und so weiter. Wie stand es so mit euren finanziellen Mitteln für das eigene Label?
D.I.: Mies. Zum Glück half uns das Le Fonque (gute alte Zeit) und unterstützte uns bei der ersten Compilation die wir veröffentlichten und die auch den selben Namen wie unser Clubabend trug: A Night At Blowshop. Ein Lehrstück für uns alle. Wir haben viel aus diesem Projekt gelernt.
Wieso wollte kein Label »Tango Forte« veröffentlichen? Was für Begründungen sind euch da zu Ohren gekommen?
D.I.: Pfuuh alles mögliche: »So was verkauft sich nicht, zu fade, keine hook« oder »Hey Jungs Breakbeat ist tot, das will heute niemand mehr hören«, das übliche A&R Gelaber. Enttäuschend war nur dass wir nicht mal ein Major gefragt hatten, also nur »kleine« Labels.
Nachbetrachtend war es aber sicher kein Fehler den Track auf Pulver zu releasen…
D.I.: Nein! Es war toll als dann nach und nach das erste Feedback kam.
Der Erfolg war enorm. »Tango Forte« ist von 0 auf 1 in die deutschen club Charts eingestiegen, blieb 6 Wochen an der Spitze und war in den Jahresdancecharts 2002 Nummer 1 und zu diesem Zeitpunkt in so gut wie jeder Playlist zu finden! Mit solch’einem Riesenerfolg war ja nicht unbediengt zu rechnen. Ich weiss das ist eine der abgedroschensten Fragen überhaupt aber wie erklärkt ihr euch diesen massiven Erfolg?
D.I.: Erklären kann man das nicht. Wenn überhaupt läßt sich nur eine Lehre daraus ziehen:Zwiefel nie an dem was Du tust, wenn es von ganz tief Innen kommt.
In diesem Jahr kam dann auch eine Anfrage vom Management der allseits bekannten Girlie Group »Sugababes« für die Lizensierung des markanten Streicherhook von »Tango Forte«. Erzählt mir mal wie ihr den Tag erlebt habt als diese Anfrage bei euch reinflatterte?
D.I.: Schwierig. Wir wollten zuerst absagen, da wir die Befürchtung hatten in einer Schublade zu landen mit der wir uns nicht identifiziern wollten. Doch wollten wir unsere Entscheidung rein musikalisch orientieren und als dann der erste Mix kam waren wir doch recht angetan.
Was für Reaktionen hat Sugababes‘ »Round Round« mit eurem Streicherhook erzeugt? Habt ihr sowas wie Neid (d.h. in diesem Fall Sell Out oder Kommerzvorwürfe) erfahren?
D.I.: Nein, eigentlich nicht. Anfangs waren die meisten irritiert, nach dem Motto: Jungs, die haben Tangoforte gesamplet, was ist da los?
Gab es auch persönlichen Kontakt mit den Babes oder ist das ganz nüchtern via Management gelaufen?
D.I.: Kontakt gab es leider keinen, obwohl sie zu der Zeit in Stuttgart waren. Das Management der Babes hat sich leider etwas dumm angestellt.
Kommen wir nun endlich zu eurem Debut Album »Eight Ears«. Wie lange habt ihr in Summe am Album gearbeitet?
D.I.: Lange, nach und nach so 15 Monate…..
»Eight Ears« charakterisiert sich vorallem durch eine enorme musikalische Vielfalt und spielt mit verschiedensten Stimmungen. Wie sind eure Tracks entstanden? Wie muss man sich die Arbeitsweise von Dublex Inc. vorstellen? Seid ihr 4 an jedem Track des Albums involviert oder gibt es auch soetwas wie eine autonome Arbeitsweise?
D.I.: Ja die gibt es. Wir arbeiten meistens in kleinen Gruppen oder ich arbeite alleine.
Gegen Ende zeigen wir uns dann immer was entstanden ist, letzte Korrekturen werden vorgenommen.
Was passiert wenn z.B: 3 von euch von einer Idee bzw. einem Entwurf total begeistert sind, einer aber überhaupt nichts damit anfangen kann? Wie löst ihr dieses Problem? Seid ihr schon mit solchen Konflikten konfrontiert gewesen?
D.I.: Naja so etwas gibt es immer, am besten ne Nacht drüber schlafen und direkt nach dem Aufstehen anhören, da ist man am ehrlichsten. Bisher konnten wir uns immer einigen.
Brasilianische bzw. Lateinamerikanische Einflüsse tauchen wie erwartet auf »Eight Ears« fast wie ein Roter Faden immer wieder auf (z.B: »Tocame«, »Mentiras«). Wie und wann hat sich euer Interesse für »latin moods« entwickelt?
D.I.: Die Sängerin Barbara Padron Hernandez ist ein Freundin von mir. Sie ist eine waschechte Kubanerin, lebt aber in Stuttg
art seit mehreren Jahren. Viel Impulse kommen von Ihr.
Es sei mir hier und jetzt auch einmal erlaubt zum Album zu gratulieren. Es ist grossartig! Vorallem »Nifty Night« mit den »Charles Aznavour Bläsern« hat es mir total angetan. Seid ihr Fans grosser Chansonniers, französioscher Filmmusik oder hat das Sample einfach nur so gut gepasst?
D.I.: Nein wir alle sind süchtig nach Musik. Dabei sind die Geschmäcker natürlich nicht alle gleich. Von den 50er Jahren aufwärts sammeln wir eigentlich fast alles. Hauptsächlich Funk, Soul, Disco und Jazz aber auch Klassik. So etwas passiert dann beim hören. Als ich bei einer Wohnungsauflösung die Plattensammlung erstand war darunter diese Scheibe von Mirreille Mathieu und wärend dem durchzappen hörte ich diesen unglaubliche Bläsersatz.
Mit was für technischem Equipment ist »Eight Ears« entstanden und wie hoch ist der analoge Anteil?
D.I.: Rechner (Logic), Mixer, Gute Mikrofone (sehr wichtig) und Peripherie ( Mikrofonvorverstärker, Synths, Effekte…). Zum Großteil mit Aufnahmen die über ein schon vorbereitetes Thema gelegt wurden und die dann im Rechner nachbearbeitet wurden.
Wie sind die bisherigen Reaktionen und was für Ziele habt ihr euch mit »Eight Ears« gesteckt?
D.I.: Ziel ist es International präsent zu sein, unsere Platten gut zu verkaufen und Live etwas auf die Bühne zu bekommen (Ist schon in Arbeit)…..
Der Musikbranche geht es seit einiger Zeit nicht besonders gut. Sind Indiependent Labels wie eures auch von rücklaufenden Verkaufszahlen betroffen? Und: Was wäre ein Lösungsansatz für diese Problematik eurer Meinung nach?
D.I.: Das Problem das die Musikindustrie in Deutschland hat ist nicht nur ein Problem dieses Industriezweigs sondern der gesamten Wirtschaft weltweit, irgendwann ist halt auch mal ein Limit erreicht und die Karten werden neu gemischt. Sehr gesund sowas. Die Menschen neigen oft dazu so etwas zu verteufeln, dabei bedeutet das für jeden mit etwas Mumm und Ideen selbst etwas zu erschaffen ohne dieselben Fehler nochmal begehen zu müssen. Lösungsansatz für Majors wäre, Leute einzustellen die etwas von wirkliche guter Musik verstehen und nicht nur irgendwelche hippen Schnösel, die genauso gut total neues und trendiges Haargel verkaufen könnten. Durch die ungesunde Größe der Majors kann eine leichte Erkältung schnell zu einer tödlichen Lungenentzündung werden. Kleinere Labels sind da nur indirekt betroffen, z.B. an den Stellen wo sie mit Majors Kontakt haben, Vertrieb etc.
Allright, eine Frage zu der graphischen Gestaltung brennt mir auf der Zunge. Das Pulver Records Artwork zeichnet sich durch eine extreme Eigenständigkeit und Liebe für’s Detail aus. Nebenbei gesagt halte ich ja das Pulver Artwork für eines der besten überhaupt. Könnt ihr die Arbeitsschritte etwas genauer beschreiben und wer ist für dieses freshe Artwork verantwortlich?
D.I.: Robin ist voll und ganz dafür verantwortlich er macht den besten Job überhaupt. Besser geht es nicht. Das wissen wir auch. natürlich gibt es professionelle Unterstützung von Stapelberg und Fritz, eines der besten Grafikbüros der neuen Generation in Deutschland. Credo ist: immer Sinn muß es machen, bei den Plattencovern geht es in erster Linie darum dem DJ schnell Information und Zugriff auf sein Vinyl zu gewähren. Dabei muß das ganze natürlich auch fesch aussehen.
OK kommen zum DJ-ing. 4 verschiedene Menschen, 4 verschiedene Geschmäcker. Das bringt natürlich enorme Vielfalt. Was muss ein Track, egal welchem Genre zuordnungsbar, enthalten um bei euch auf den Turntables zu landen?
D.I.: Kickin’ass. Er muß grooven und gut produziert sein, Seele haben und Dich anmachen…. in irgendeiner Form….. entweder zum Tanzen bewegen, oder zum Zurücklehnen. Musik ist der Soundtrack zu unserem Leben und nach unserer westlich-christlichen Auffassung haben wir nur eines. Deshalb sollten wir gut überlegen welche Musik wir wählen.
Was steht momentan an vorderster Stelle in euren Plattenregalen?
D.I.: Zuhause höre ich fast nur Blues, Soul, Jazz und Funk, also altes Zeug wie Sarah Vaughan, Gill Scott Heron, Mandrill, Peoples Choice, Lou Rawls, Coltrane, Dizzy Gilespie, Aretha Franklin, Reuben Wilson usw. usw. das hier jetzt alles aufzuzählen wäre natürlich zuviel.
Das DJ’en ist ja oft voller Geschichten und Anekdoten. Habt iht etwas echt skurilles parat?
D.I.: Sonnenfinsternissparty in Stuttgart war sehr Skuril, Open Air….. feine Sache…. 2000 Leute vor einem die alle mit komischen silbernen Brillen, halbnackt, tanzend in den Himmel gucken obwohl es bewölkt ist und in Strömen schüttet.
Morgen geht die Welt unter, welche 5 Platten müsstet ihr noch vor dem Weltuntergang hören?
D.I.: Vielleicht etwas was ein bisschen die Aufmerksamkeit auf sich zieht, denn so ein Weltuntergang ist ja ein recht dramatisches und turbulente Ereigniss. Sowas kündigt sich ja schon vorher an, so mit theatralischer Himmelsverdunklung, Feuer und Tierhagel. Da müsste es schon etwas sein was es schafft mich von all dem abzulenken….. eher unwarscheinlich. Das ist ja dann auch eine einmalige und endgültige Angelegenheit, das will man sich nicht entgehen lassen. Aber es spricht nichts dagegen dabei einer Musik zu lauschen die das ganze noch untermalt, ja soger die entscheidenden dramaturgischen Höhepunkte eines solchen Spektakels betont. Klassik vielleicht, hm….. was schweres, ich denke Beethoven oder Wagner könnte passen der Fliegende Holländer vielleicht?!
Doch ja das ist gut, den »Fliegenden Hölländer« von Richard Wagner passt wie die Faust auf’s Auge!
Wie würdet ihr die Clubszene in Stuttgart charakterisieren? Was für ein Vibe steckt im Schwabenland?
D.I.: Harte Nuss das Publikum, achtet hier sehr auf Trends. Tendenziell auf die Welt draussen fokusiert, dabei werden leider oft viele schöne Dinge die direkt vor der Haustür wachsen übersehen. Wenn sie dann aber mal rocken die Schwaben dann ist der Teufel los, Mann dann gibt es kein halten mehr.
Stuttgart hat in den letzten Jahren einige erfolgreiche Leute wie z.b: Freundeskreis, Tiefschwarz, Die Fantastischen Vier, Joy Denalane etc. hervorgebracht. Gibt es Kontakt oder Zusammenarbeit von Stuttgart’s Musikschaffenden?
D.I.: Ja klar, in letzter Zeit hängen wir recht häufig mit Friction ab, haben letztes Wochenende in Dresden zusammen gerockt. Fricco ist echt ein hammer DJ. Solltest Du Dir bei Gelegenheit mal antun. Tut gut. Auch haben wir einen guten Draht zu den Massiven Tönen, also zu 0711 Records. Ach man ist halt in der selben Stadt geblieben und nicht z.B. nach Berlin gegangen. Wir schauen halt gern nach links und rechts und tauschen uns auch gerne aus.
Was sind die nächsten Pläne und Ziele?
D.I.: Nächstes Album, Auflegen, Live Auftritte….. Gas geben. Noch mehr Musik!
Und noch ein Ausblick in die Zukunft: Wo seht ihr euch in 5 Jahren?
D.I.: In der Bar um die Ecke, Päuschen machen, auf ein Bierchen.
Danke für das Interview!