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Kontroll – komödiantische, ungarische Melancholie

Es gibt Berufsgruppen, die niemand mag: Die Kontrolleure in öffentlichen Verkehrsmitteln stehen in dieser Liste weltweit ganz oben. Auch in Budapest. Dort spielt Kontroll, der sehenswerte erste abendfüllende Spielfilm des US-ungarischen Regisseurs Nimród Antal.

Die Kontrolleure im Film werden immer wieder in Schlägereien verwickelt und tragen fast den ganzen Film hindurch blutige Schrammen im Gesicht. Einer von ihnen ist Bulcsú – melancholisch-draufgängerisch dargestellt von Sándor Csány -, er ist ein klassischer Antiheld vom Format eines Chris Isaak: Bulcsú verbringt sein Leben unter Tag, arbeitet und lebt in den Zügen, Gängen und dunklen Winkeln der Budapester U-Bahn. Den Bezug zur Welt oben hat er scheinbar bereits verloren. Die Kontrolleure arbeiten in Gruppen, Zusammenhalt gibt es nur innerhalb der einzelnen Gruppen, unter den Gruppen bestehen dieselben Machtspiele und Hänseleien wie in anderen Lebensbereichen auch. Eines eint alle Kontrolleure: Sie sind marginalisierte Freaks, die keiner mag. Jeder von ihnen hat seine eigene kleine Tragödie erlebt.

Komödie & Tragödie & Action

Dem Regisseur gelingt trotz der zu erwartenden bedrückenden Atmosphäre – fast ohne Tageslicht – eine Komödie. Die ist allerdings mit schwarzem Humor gespickt. Ein Beispiel: Als Tibi, der neue Mitarbeiter, seine erste Leiche eines U-Bahn-Selbstmörders sieht, sagt der erfahrene Kontrolleur in perfekter Situationskomik zu ihm: "Kotz‘ mir ruhig auf die Schulter. Du kannst mir auch gern ans Bein pinkeln!"
Gleichzeitig ist Kontroll ein Thriller, denn ein Schubser treibt sein Unwesen auf den U-Bahn-Wartesteigen, unschuldige Passagiere sterben. Mit einem Trick, der an dieser Stelle nicht verraten werden soll, gelingt es Bulcsú schließlich den Schubser auszuschalten. Bulcsú erkennt immer mehr, dass er sein Leben ändern muss: Er verliebt sich in ein Mädchen im Bärenkostüm (Eszter Balla) und wagt mit ihr am Ende den gemeinsamen Schritt ans Tageslicht. Die Rolltreppe als Stairway To Heaven.

Preis in Cannes

Kontroll ist in Ungarn bereits im Jahr 2003 gelaufen und war dort ein großer Kinoerfolg. Für diese Regiearbeit wurde der in Los Angeles geborene Antal in Cannes 2004 mit dem Prix de Jeunesse ausgezeichnet. Wer letztes Jahr durch das Festival Grenzenlos – Filme aus dem neuen, alten Europa des Filmarchiv Austria Lust auf bisher noch nie in Österreich gezeigte Filmen unserer östlichen Nachbarn bekommen hat, wird Kontroll ebenso zu schätzen wissen, wie Kinogänger, die sich aktuellen Filmen dieser Filmregion annähern wollen.

Den passenden Elektronik-Soundtrack zum Film hat die Gruppe Neo abgeliefert, skug verlost drei CDs des Soundtracks zu Kontroll. Es gewinnen die ersten drei Einsender, die wissen, bei welchem europäischen Filmfestival der Streifen ausgezeichnet worden ist redaktion@skug.at, Subjekt: Kontroll.

Kontroll (H 2003, R: Nimròd Antal), ab 20.5.2005 in österreichischen Kinos

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Home / Kultur / Film

Text
Jürgen Plank

Veröffentlichung
19.05.2005

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