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\“temporäre schrei(b)stube\“ – schreiben, lesen, sehen, hören

Der Kalligraf und Koch Onno Ennoson und der Performer und Sänger Didi Bruckmayr widmen sich in einer Kunstaktion am Brunnenmarkt dem Schreiben und Lesen.

Am 2. September mittags beginnt die fünfte Kunstaktion der Reihe »8 Positionen auf 8qm« am »Schaukasten« in der Grundsteingasse im 16. Wiener Gemeindebezirk. Auf der Terrasse des mobilen Marktstandes beschriftet Onno Ennoson Tapetenrollen, die von Didi Bruckmayr als Partitur verwendet werden. Was der Sänger intoniert wird vom Schreiber erfasst und wiederum zur Vorlage für den Sänger. Als Ausgangsmaterial dient ein mehrsprachiger Flugzettel. Ein sich wechselseitig beeinflussendes Spiel kommt zustande, das Sprechen vom Blatt ist gleichzeitig ein Diktat. Mit Fortschreiten der Produktion verhüllen die Papierrollen zusehends den Stand. Die beschrifteten Blätter werden aber auch zum Verkauf angeboten.

Marktschrei(b)er

Ennoson und Bruckmayr stehen mit ihrer Performance in der Tradition von selten gewordenen, bzw. in unseren Breiten ausgestorbenen Berufen: Der Marktschreiber, der gegen Bezahlung für analphabetische Mitmenschen das Verfassen von Briefen übernimmt (oder auch das Vorlesen eines Schriftstückes); der Marktschreier, der als lebende Werbesendung Waren anpreist oder auch Ereignisse und Verlautbarungen ankündigt. Der Kalligraf hat im Zeitalter der Elektronik, wo Handschriftliches schon bald als antiquiert gesehenen wird, als Schönschreiber (und schön schreiben dauert seine Zeit) etwas Anachronistisches. So gesehen macht die »temporäre schrei(b)stube« auf Verschwindendes aufmerksam.

Laute (und) Zeichen

Das Vorhandensein von Schrift im öffentlichen Raum nimmt zu: Werbung, Information, Anweisungen sind Teil der Großstadtumwelt. Wer sich durch Wien bewegt, sieht Worte und Texte, die immer etwas mitteilen wollen, zum Kauf anregen oder auch vor Gefahr warnen. Kalligrafie entrückt die Zeichen, die Schrift von ihrem Gebrauchswert, benutzt sie nicht rein als Mittel zum Zweck der Mitteilung. Geschriebenes und Gesprochenes kann eben auch vor allem schön sein.

»temporäre Schrei(b)stube« von Didi Bruckmayr & Onno Ennoson
während der Performance entstandene Kalligrafien sind von 2. bis 30.09 tgl. ab 19:00 im Schaukasten zu sehen & während der Öffnungszeiten zu erwerben

Schaukasten, Brunnengasse // Grundsteingasse, Marktstand Nr. 58, 1160 Wien
Öffnungszeiten: mo bis fr 9:00 – 18:00, sa 9:00 – 15:00

>> Schaukasten
>> Mega5

Home / Musik / Artikel

Text
Jenny Legenstein

Veröffentlichung
30.08.2006

Schlagwörter

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