Der Blick nach außen und nach innen: »Die Aufnahmen habe ich noch in Brooklyn gemacht. Meine Wohnung lag in Brighton Beach, und zwar direkt am Strand. Der Klang der Wellen war immer präsent (und spiegelt sich wider im Rauschen des Tapedecks, das ich meistens verwendete). Draußen war es auch sehr neblig, sodass hin und wieder die tiefen Töne der Schiffshörner zu hören waren. Heute kann ich sagen, dass das mein Spiel verändert hat.«
Jeder Weg ist eine Linie, die aus vielen Linien besteht. »Ich habe in New York und auch in Lissabon viel aufgenommen, aber letzten Endes lief es darauf hinaus, dass das ursprüngliche Gefühl und die ursprüngliche Intention verlorenging. Ich bin daher wieder zum Anfang zurückgekehrt, zu den ersten Tapes von diesen Stücken. Sie waren zwar kurz, aber es war bereits alles drauf. Ein weitere Spur hinzuzufügen erschien mir redundant. Ich hatte also gar keine andere Wahl, als alles so zu machen, wie es ist.« Wiederholungen & Differenzen. »Ich habe den Bass immer als ein Instrument betrachtet, das nicht nur zur Begleitung dient, sondern mir auch zahlreiche solistische Möglichkeiten eröffnet. Ich wollte über das innere Instrument sprechen, darüber, was es berührt, auslöst, bedeutet, enthüllt, preisgibt. Mit dem Hintergrundrauschen, das sich zufällig so ergeben hat, hatte ich einen äußeren Rahmen, einen Raum mit einem Fenster nach draußen. Ein Solo ist jedoch eine Reise ins Innere, ein Eintauchen und In-sich-Gehen, bei dem du dein Herz öffnest, während dich deine Gespenster beobachten ?? Momentan bin ich vor allem daran interessiert, mit dem einfachsten und elementarsten Material zu größtmöglichem Ausdruck zu gelangen, aber vermutlich gibt es ja so etwas wie Grundmaterial gar nicht, sondern nur verschiedene Grade von Innerlichkeit und Komplexität. « Und es gibt die ersten Anfänge: »Ich begann um 1996 herum im College mit der Musik, spielte zunächst Gitarre ?? hatte nie Unterricht. Nein, das stimmt eigentlich nicht. Ich habe von allen MusikerInnen gelernt, mit denen ich je gespielt habe, ich habe mir die Musik meiner LieblingsinstrumentalistInnen und -komponistInnen wieder und wieder angehört und dazugespielt, bin zu Konzerten gegangen usw. Anfangs war ich an allen Instrumenten interessiert oder genauer gesagt an allem, was Klänge erzeugte, und ich experimentierte mit verschiedenen kompositorischen Ansätzen. Als ich jedoch 1998/99 zum Bass kam, änderte sich das. Ich wurde mehr zu einer Instrumentalistin, wollte mich voll und ganz dem Bass widmen, ihn ??richtig?? spielen und halten lernen ?? ich habe mich täglich viele Stunden mit ihm beschäftigt, bis ich etwas hören konnte, das irgendwie akzeptabel klang.« Die täglichen Gedanken, Nahrung für Ohren und Hände. »Ich habe die Dagar-Brüder gehört. Z. M. Dagar scheint sich die Seele aus dem Leib zu singen. Er spielt die Rudra vina, eine Art Bass mit enormen Bünden fürs Note-Bending. Ich kann nur staunen, wie viel Bedeutung in jedem Ton liegt, wieviel Gewicht er hat – jeder Ton ist wie ein kompletter Gedanke oder ein ganzes Bild. Dasselbe empfinde ich auch bei der Arbeit von Loren Connors, mit dem ich zur Zeit der Aufnahmen gespielt habe. Seine Musik bewegt mich zutiefst, und mit ihm zu spielen ist für mich wie das Entdecken einer musikalischen Dimension, die man nur spürt.«
Was uns zum Album »The Leaden Echo« und zu Freundschaften und Heimat(en) zurückbringt: »Die LP ist auf Headlights erschienen, dem Lissabonner Label, das der Gitarrist Manuel Mota betreibt. Wir haben uns 1996 kennengelernt und begannen kurz danach, miteinander zu spielen. Er hat mich immer wieder inspiriert – als Musiker und als Mensch -, er ist eine solide Basis und eine treibende Kraft, vor allem aber ist er ein aufrichtiger Freund, der mich auf unglaubliche Weise unterstützt. Er hatte mich bereits vor ein paar Jahren gefragt, ob ich denn nicht ein Solo auf seinem Label veröffentlichen möchte, aber ich war damals noch nicht so weit. Als sich dann die Möglichkeit auftat, diese Platte zu machen, produzierte er sie und half beim Audio-Editing. Barry Weisblat war für das Mastering verantwortlich. Es ist toll, mit Leuten zu arbeiten, die einen schon jahrelang kennen und denen man vertraut ?? in diesem Fall mit zwei wunderbaren Menschen, die wirklich verstanden haben, was ich wollte, ohne dass ich es lange erklären musste. Gegenseitiger Respekt und große Herzlichkeit sind die wichtigsten Zutaten, die diese Männer in die Platte gemischt haben.« Man kann es auch so sagen: »Ich spiele, weil das meine Art ist, um eine Verbindung und einen Bezug zu anderen und zu mir selbst herzustellen. Und es ist auch meine Art, etwas von dem zurückzugeben, was ich von anderen erhalten habe, von jeher.« Oh ja!
Margarida Garcia: »The Leaden Echo«
(Headlights Recordings, limited edition, one-sided LP)