Ein wunderschöner Bukarester Sommermorgen. Ana und Nicolae, beide Mitte zwanzig und fix zusammen, erwischen gerade noch den Bus nach Wien. Zweck der kurzen Reise ist ein kleiner Autoschmuggel, der schnell viel Geld einbringen soll. Der Mittelsmann lässt allerdings mehrere Tage auf sich warten, sodass die anfangs gute Stimmung der beiden Reisenden immer mehr schwindet. Schließlich geht nach einem Streit jeder seiner Wege. Ana möchte sofort nach Bukarest zurückfahren, Nicolae hingegen sieht seinen Wienaufenthalt nur als die erste Station einer Reise in den (europäischen) Westen. Während Ana die Bekanntschaft des schüchternen und scheinbar langweiligen Jan macht, lässt sich Nicolae mit der äußerst lebenslustigen Dana ein. Nach nur wenigen Tagen, aber sehr vielen Erlebnissen in der fremden Stadt, führt der Zufall die stressgeprüften Liebenden wieder zusammen.
»Crash Test Dummies« verdankt seinen Titel dem ungewöhnlichen Broterwerb von Martha, Jans Mitbewohnerin: die deutlich verlangsamte und tablettenabhängige und -dealende Dreißigjährige, die mit Vorliebe in Jogginghosen und weiten T-Shirts durch die Gegend läuft, verdingt sich als Versuchsperson für Kfz-Crashtests. Auch Jan – Zahnarztsohn – hat mit Mitte dreißig keinen besseren Job als den eines Kaufhausdetektivs. Damit verkörpern beide »Wohlstandsverwahrloste, deren Loslösung von den Eltern misslungen ist« (J. Kalt) – angesichts rapide zunehmender »atypischer Beschäftigungsverhältnisse« Typen mit hohem Identifikationspotenzial. Aber auch die anderen, die zwar einer geregelten Arbeit nachgehen, sind ebenfalls »crash test dummies«, sie laufen kreuz und quer, in Zick-Zack-Bahnen, fallen hin, stehen wieder auf und laufen weiter: Dana erweitert in Prater-Sommernächten die Liste ihrer Liebhaber und singt mit viel Engagement in Karaoke-Lokalen, Rita – Jans Ex-Freundin – hat Jan verlassen, überlässt ihm aber den Schlüssel zu ihrer Wohnung. Kalts Blick richtet sich einmal mitfühlend, dann wieder augenzwinkernd auf diesen mehr oder weniger zufälligen Querschnitt unterschiedlicher Lebensstile.
Der Realismus von »Crash Test Dummies« überzeugt in jeder einzelnen Einstellung. Zudem ist es dem Regisseur von »Richtung Zukunft durch die Nacht« (2002) gelungen, dem Themenkomplex Migration auf eine Art und Weise zu begegnen, bei der sich nötiger Ernst und ein witziger Grundton nicht ausschließen. Ein solide gemachter, ungewöhnlich handlungsreicher Film, wenn auch etwas zu sehr ins Komödiengenre abgleitend. Bemerkenswert außerdem der vom Wiener Elektroniker Bernhard Fleischmann bereitgestellte Soundtrack: sparsam eingesetzte Loops, dazu eine wunderbare Nummer von den Eels und eine rumänische Coverversion von Peter Cornelius’»Reif für die Insel«.