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Jan Fabre: »Angel of Death« – Das Erwachen der Kreatur Mensch

Ein Schnaufen und Stöhnen - eine erste Wahrnehmung. Ein schwarzgekleideter Mann (Eric Sleichim) schreitet entlang der Wände, die von vier Videoleinwänden getragen werden. Er schleicht durch den Raum, während er an einem umfunktioniertem Saxofon schraubt und dreht, dabei lässt er die Plattform in der Mitte des Raumes nicht aus den Augen - der Blick diabolisch.

Das Schnaufen wird lauter, kommt von einem Wesen, das sich zu bewegen beginnt. Es ist ein Körper, verwunden, verdreht. Eine Kreatur, die langsam Form annimmt, die ätzenden Töne des teuflischen Arrangeurs entfalten den Körper, ziehen ihn auf, nicht schmerzfrei ist dieser Vorgang, dieses Winden, Dehnen, Drücken, Drängen, um sich langsam aufzurichten. Die Bewegungen sind eckig, wirken unkontrolliert, das langsam sichtbare Gesicht zieht Grimassen, wirkt in einem Moment weich und wieder hart verzerrt – der Blick verloren.
Soweit zum Auftakt von Jan Fabres bereits 1996 entstandenen Stücks »Angel of Death«. Inspiriert von der schillernden Persönlichkeit Andy Warhol und des Choreographen und Frankfurter Ballettchefs William Forsythe hat Fabre dem Faszinosum Körper in seinen Denkstrukturen eine weitere Dimension schaffen lassen, indem er drei Geister, drei Wahrnehmungen von Welt verknüpft. Der Untertitel des Stückes lautet »Monologue for a man, a woman or a hermaphrodite.« So einfach kann man dieses Stück in seiner neuen experimentellen Darbietung auch lesen, doch wird die Suche nach dem Ich schwierig.
Auf den Leinwänden beginnt die Bewegung. William Forsythe schreitet himself als Todesengel die Korridore des anatomischen Museums von Montpellier entlang und richtet sein Wort an den erwachten, funktionierenden Körper des »devilish interviewers«. »Nobody is innocent.«Ein Dialog, Monolog beginnt zwischen Selbstreflexion, Wiederholung, Spiegelung, Abgrenzung. »The Angel of Death« tritt aus verschiedenen Richtungen, aus unterschiedlichen Perspektiven an die Kreatur heran. »The Devilish Interviewer« (Ivana Jozic) windet sich in den Bedeutungen der Sätze, reagiert auf sie und verliert nicht selten die Fassung. In der Wortgewalt der Lügen und Wahrheiten wird sie zum Medium zwischen Himmel und Hölle. Bei Fabre ist – bei aller Liebe – der Mensch eine Kreatur vor dem Tier und erwacht – nachträglich. Mit dem Geborenwerden und dem Sterben im Leben wird kokettiert – nicht mit dem Tod. »I float and dance. That is all I can do.« Der Todeskampf im Leben findet keine Auflösung, doch ist er eine gelungene, leidenschaftliche Auseinandersetzung in der Anwesenheit des menschlichen Körpers.
>> www.tqw.at

Home / Kultur / Performance

Text
Karin Berndl

Veröffentlichung
09.03.2004

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