Godspeed You! Black Emperor © David Višnjić /Donaufestival
Godspeed You! Black Emperor © David Višnjić /Donaufestival

Godspeed You! Black Emperor

Das diesjährige Motto des Donaufestivals lautet »Endlose Gegenwart« und somit erscheint es durchaus schlüssig, dass Godspeed You! Black Emperor am Eröffnungsabends ein Re-enactment ihres Auftritts von 2015 (und früherer Konzerte) aufführten. »They are still here and still there«.

Die kanadische Band Godspeed You! Black Emperor – kurz Godspeed oder GY!BE – trat erstmals 1994 mit der Veröffentlichung einer Kassette mit 27 Stücken und dem sperrigen Titel »All Lights Fucked On The Hairy Amp Drooling« in Erscheinung. Die damalige Besetzung mit Efrim Menuck, Mauro Pezzente und Mike Moya ist inzwischen auf acht Mitglieder angewachsen. Dabei nicht mit eingerechnet ist Karl Lemieux, der die Band seit vielen Jahren mit seinen 16-mm-Projektoren begleitet und damit eine zentrale Rolle für die Verortung der Arbeit von GY!BE im Rahmen einer globalisierten, antikapitalistischen Protestbewegung einnimmt. Denn abseits der Filmloops und der oft eher kryptischen Songtitel findet sich kaum ein Statement der Gruppe, sieht man von einem E-Mail-Interview ab, das GY!BE im Jahr 2012 der US-amerikanischen Journalistin Maddy Costa für den britischen »Guardian« gaben. Darin fasst die Band ihren Umgang mit der Medienöffentlichkeit in einfachen Worten zusammen: »No singer, no leader, no interviews, no press photos. We played sitting down and projected movies on top of us. No rock poses.«

Die acht MusikerInnen hatten sich also auf der Bühne des ausverkauften Kremser Stadtsaals im Halbkreis angeordnet und bezogen damit zwar das Publikum in ihren Magic Circle demonstrativ mit ein, schienen jedoch so aufeinander konzentriert zu sein, dass doch der Eindruck entstand, man befände sich in unterschiedlichen Sphären. Schicht für Schicht wurde mit Hilfe von vier Gitarren, einem Kontrabass, einer Violine, zwei Schlagzeugen und zahllosen Effektgeräten der Raum mit einer Wall of Sound gefüllt, die periodisch an- und wieder abschwoll. GY!BE demonstrierten dabei solides Handwerk und waren mitunter auch packend, wenngleich der Spannungsbogen während des knapp 90-minütigen Konzerts immer wieder einknickte – was möglicherweise auch an der Frühjahrsmüdigkeit des Publikums lag. Die Konzentration der Band stand zudem in einem durchaus charmanten Spannungsverhältnis zum Veranstaltungsort, der zwischendurch mit ungewollten Resonanzen zu kämpfen hatte und besonders zu Beginn unter der Last der Registrierkassen nur mit Mühe die Versorgung des Publikums mit Craft Beer sicherstellen konnte.

GY!BE spielten ihr Konzert dennoch unbeeindruckt nach Hause. Folgt man der Argumentation Judith Butlers, hat die politische Dimension ihres Schaffens – ganz im Sinne der proklamierten »endlosen Gegenwart« – in den letzten 25 Jahren kaum etwas von ihrer Brisanz eingebüßt, sondern wird durch ihren hartnäckigen Auftritt noch verstärkt: »They are still here and still there; they persist; they assemble, and so manifest the understanding that their situation is shared. (…) And even when they are not speaking or do not present a set of negotiable demands, the call for justice is being enacted: the bodies assembled ›say‹ ›we are not disposable‹«1.

Das siebente Album von Godspeed You! Black Emperor, »Luciferian Towers«, ist im September 2017 auf Constellation Records erschienen.

1 Butler, Judith: »Notes Torward a Performative Theory of Assembly«. Cambridge: Harvard UP, 2015. (S. 25)

Links:
http://cstrecords.com/gybe/
https://www.donaufestival.at

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