»Old Joy«
In diesem Film erzählt Kelly Reichardt die Geschichte von Kurt (großartig Will Oldham!) und Mark. Zwei Freunde, die sich schon länger nicht mehr gesehen haben.
Mark überredet Kurt zu einem Wochenendsausflug. Kurt der in wenigen Wochen Vater werden wird, nimmt diese Auszeit dankbar an. Gemeinsam brechen sie in die Wälder auf. Während der Reise machen sich Spannungen in ihrer Beziehung breit. Schließlich müssen sie einsehen, dass sie ihre Verschiedenheiten akzeptieren müssen, um wieder zueinander zu finden. Am Ende gehen die beiden wieder getrennte Wege. Ob es ein weiteres Zusammentreffen dieser Art geben wird, ist nicht klar.
In »Old Joy« sieht man ein anderes Amerika und zugleich eines, das es schon immer gegeben hat. Ein Amerika, das sich anachronistisch präsentiert, die Wastelands amerikanischer Industriegegenden am Land zum Beispiel. Einzig die Radioübertragungen während des Roadtrips geben eine leise Ahnung von der Zeitperiode in der wir uns befinden. Über Politik wird diskutiert, das alte Thema Demokraten versus Republikaner. Kritik an ersteren: »The mistake the democrats make is that they act as if they were in the government«, aber selbst Sätze wie diese könnten aus einer anderen Zeit stammen. So dienen sie als Illustration alter Silos und Ölbehälter mitten im nirgendwo.
Hobomythen bieten sich an. Das Handyläuten als irritierendes Geräusch der Gegenwart.
Der Film präsentiert uns ein entschleunigtes Amerika, dem sich die Kamera in langen Einstellungen von Vorgängen annimmt. Das Wasser fließt, man schreitet wortkarg einen Waldweg voran, die langen Autofahrten auf amerikanischen Landstraßen, als deren Begleiter sich wundersam Musik von Yo la Tengo aus dem Off gesellt.
Dialogszenen sind sparsam eingesetzt, wenn die Protagonisten reden hat es meist eine Bedeutung, etwa wenn Kurt am Lagerfeuer: »I miss you, Mark« sagt.
Am Ende hören wir wieder politische Radiosendungen während dieser Kurt schweigsam nach Hause fährt. Sein zu Hause scheint seinem seltsam verrückten Hobofreund längst abhanden gekommen.
Heute um 18:00 Uhr im Stadtkino
»Look Both Ways«
Die Regisseurin Sarah Watt bringt in diesem australischen Film drei Menschen zufällig zueinander. Der Film ähnelt in seiner Erzählstruktur denen von »Crash« oder »Magnolia«.
Ein Zugsunglück ist geschehen, Meryl, die vor kurzem ihren Vater verloren hat, hat es als Zeugin mitverfolgt. Nick, der soeben eine Krebsdiagnose erhalten hat, wird als Fotograf geschickt. Andy, dessen Freundin ungeplant schwanger geworden ist, soll als Reporter über das Unglück berichten. Der Zufall hat die Beteiligten zusammengeführt. Im Verlauf des Films beginnen Nick und Meryl eine Affäre.
Der Film ist unterschnitten mit dynamischen Animationssequenzen, die Meryls Innenleben, die selbst Malerin ist, repräsentieren soll, während hingegen Nick’s Fantasien über eine schnelle Abfolge von hintereinander geschnittenen Fotografien visualisiert werden.
Und obwohl der Film den Tod thematisiert, bleibt er dennoch optimistisch.
Man könnte jeden Moment Sterben, oder eben nicht. Es geht um die Entscheidungen, die man in seinem Leben treffen kann. Man muss einfach in beide Richtungen schauen.
Heute um 13:00 Uhr im Künstlerhaus
Shortcuts:
»Thank You For Smoking«
Ein Film, der sich auf politisch unkorrekte und in höchst komödiantischer Weise dem Rauchen widmet. Nick Naylor, Chef der Lobby der amerikanischen Zigarettenindustrie, soll im raucherfeindlichen Klima Amerikas Rauchen als unschädlich verkaufen.
Heute um 23:00 Uhr im Gartenbaukino
»Be Here To Love Me (Townes van Zandt)«
In dieser Dokumentation geht es um ein Porträt des gleichnamigen Singer-Songerwriters, der von anderen Musikergrößen wie Merle Haggard verehrt wurde, selbst aber im Sumpf von Drogen, Armut und Depressionen versank.
Heute um 15:30 Uhr im Künstlerhaus Kino
Events:
Um 17:00 Uhr gibt es in der Viennale-Zentrale eine Diskussion unter dem Titel: »Österreich-Bilder. Eine Spurensuche«. Vertreter einer neuen Generation heimischer Filmschaffender sind geladen, mit Christina Nord über mögliche Österreich-Bilder in ihren Arbeiten zu sprechen.
Ein weiteres Highlight des Viennale-Nachtprogramms erwartet uns heute ab 22:00 Uhr: Die deutsche Band Urlaub in Polen wird die Urania mit einem Gratiskonzert beehren. Im Anschluss verlegt »Spex«-DJ Tobias Thomas Platten vom allerfeinsten.