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Festivaltagebuch 17. 10. / Tag 4

Reviews: »Agua«, »Montags kommen die Fenster«
Shortcuts: »Leonard Cohen - I'm your man«, »Itinéraires«
Events: Buchvorstellung und Projektion, Filmemacher an den Plattentellern I

»Agua«
Der 34-jährige Goyo ist ein ehemaliger Profifreischwimmer, der, nachdem er zu Unrecht des Dopings überführt wurde, seine Karriere an den Nagel gehängt hat. Er hat sich in die Wüste geflüchtet, wo er jahrelang keinen Kontakt zur Zivilisation hat. Irgendwann beschließt er wieder zurückzukehren, um am selben Schwimmbewerb teilzunehmen. In Santa Fe lernt er den jungen Poolschwimmer Chino kennen, der wenig fürs Freiwasserschwimmen übrig hat.

Der Junge Sportler ist hoch diszipliniert und versteift sich darauf, einen Platz im Nationalteam zu bekommen. Als er daran scheitert möchte er das Schwimmen aufgeben.

Goyo erkennt sich in dem jungen Sportler wieder und fungiert fortan als sein Trainer. Er bittet Chino ihn beim Schwimmmarathon mit dem Boot zu begleiten.

Der Film wird getragen von wunderschönen Kameraaufnahmen. Aqua beginnt sehr ruhig, das erste Wort fällt erst nach acht Minuten. Stattdessen sehen wir Goyo wie er die Wüste verlässt, um sich wieder nach Santa Fe zu begeben, dazwischen geschnitten Chino beim Training. Aufnahmen von Autobahnen folgen denen von Schwimmbahnen.

Im Verlaufe des Films und vor allem während Chinos vergeblichem Bemühen, sich ins Nationalteam zu schwimmen, zeigt uns die Kamera wunderbare Unterwasseraufnahmen, die sehr ästhetisch den Körpern im blauen Wasser des Pools folgen, wie sie sich rhythmisch und bestimmt fortbewegen.

Heute um 18:30 Uhr im Metro

»Montags kommen die Fenster«
Der zweite Film von Ulrich Köhler (»Bungalow«) setzt sich abermals mit der »Orientierungslosigkeit der Mittelklasse« auseinander.

Die Ärztin Nina ist gerade mit ihrem Mann und ihrer Tochter in ein neues Haus gezogen. Es wird eingerichtet, die Fenster sollen dann am Montag kommen. Man sieht die Mutter (Isabella Menke) bei der Arbeit, als sie ihre Tochter bei den Schwiegereltern abholen soll, macht sie plötzlich kehrt und fährt davon. Bis in die Nacht sehen wir sie die Autobahn entlangfahren. Später richtet sie per Handy aus: »Ich komme nicht mehr zurück«. Einfach so. Nina fährt in das Ferienhaus der Eltern im Wald, wo sie ihren Bruder mit seiner neuen Freundin antrifft.

Viele Worte werden nicht gewechselt, als ihr Mann, verständigt durch den Bruder, vorbeikommt, flüchtet sie sich in ein nahe gelegenes Hotel, wo sie eine Affäre mit einem alternden Tennisprofi beginnt.

Als der Nachbarssohn stirbt kehrt Nina dann zurück, zur Beerdigung, und sie kommt wieder nach Hause. Einfach so. Die Fenster sind auch noch nicht da.

Räume und Orte spielen in diesem Film eine wichtige Rolle. Oft sieht man Nina entfremdet in ihrer Umgebung stehen, zu Hause, in den noch nicht fertig eingerichteten Zimmern, oder wie sie die langen Hotelflure durchwandert, und dabei neben sich zu stehen scheint. Nicht-Orte wie Kassel, irgendwo in Mitteldeutschland oder das Ferienhäuschen, umgeben von Wald und Gebirge, das Sporthotel. Eine trostlos gewordene Welt.

Auch Geräusche sind immer präsent. Stimmen aus den Räumen, die Gesprächskulisse im Hotel, das Hintergrundrauschen auf der Autobahn.

Die Bilder erzählen von einer befremdlich gewordenen Welt, in der sich Nina nicht mehr zu recht finden will, warum das so ist, erfahren wir nicht. Den Grund dafür, dass sie ihren Mann und vor allem ihre Tochter den Rücken zukehrt und im Stich lässt wird nicht verraten.

Köhler verweigert sich konsequent dem psychologisierenden Kino.

Heute um 20:30 Uhr im Gartenbaukino

Shortcuts:

 

»Leonard Cohen – I’m your man«
Eine Dokumentation des 2005 in der Oper von Sydney veranstalteten Ehrenreigens für Leonard Cohen mit einer Reihe von namhaften KünstlerInnen wie Nick Cave, Antony und Rufus Wainwright. Dazwischen geschnitten werden lange Gesprächspassagen mit Cohen.

Heute um 21:00 Uhr in der Urania

»Itinéraires«
In diesem Film geht es um den jungen Thierry, der schon öfter mal in Konflikt mit dem Gesetz geraten war. Eines Tages wird er durch eine Verkettung unglücklicher Ereignisse zu Unrecht eines Mordes verdächtigt. Thierry taucht in einem Dorf unter und verliebt sich dort in ein Mädchen. Thierry lässt sich nicht unterkriegen und kämpft gegen die Ungerechtigkeiten die ihm widerfahren. Der Film sieht ihm dabei »in ruhiger und teilnehmender Weise« zu.

Heute um 23:00 Uhr im Gartenbaukino

Events:

Um 18:00 Uhr wird heute in der Urania das Buch »Minutentexte. The Night of the Hunter« vorgestellt, in dem 93 AutorInnen Charles Laughtons einzigen Film kommentieren.

Am Abend legen dann FilmemacherInnen wie Veronica Chen, Mike Ott und Patric China auf, im Anschluss dann ein DJ-Set von Firn&Arosa.

Home / Kultur / Film

Text
Sangam Sharma

Veröffentlichung
16.10.2006

Schlagwörter

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