Headerimage Placeholder

»Elektra« von Richard Strauss, 18. 2. 2009, Bayerische Staatsoper München

Kent Nagano dirigierte unter zu kritisierenden Vorraussetzungen Richard Strauss in einer Wernicke-Inszenierung von 1997

»Wo bleibt Elektra. Ist doch ihre Stunde …« (Hugo von Hofmannsthal)
Das war nicht die »Elektra« wie ich sie will. Sondern ein visuelles Machwerk des 2002 verstorbenen Herbert Wernicke aus dem Jahr 1997 in Wiederaufführung. Suprematistisches Formenspiel ohne echte Mitteilkraft. Konventioneller Kostümball. Dass es anders geht, treffend zeitgemäß, haben andere gezeigt. Kent Nagano versuchte das schwerfällig-theatralische Spiel, von Wernicke gewollt psychologisch dargestellte Figuren, zum Leben zu erwecken. Was er unter dem Einfluss und angesichts der Vorgaben von Regie und Bühnenbild nur schwerlich tun konnte. Eine von Wernicke beabsichtigte Archaik, die nicht bewegte und erschauern ließ wie intendiert, sondern sich als beinahe hohl pathetische Ästhetik zeigte. Beim Agamemnon-Motiv die vage Hoffnung, es möge Nagano vollständig gelingen, dem Stück Leben zu geben. Beim späteren Motiv des Orest erst scheint Nagano die Feinheiten und Möglichkeiten aufzugreifen, die die Partitur in sich birgt, und zu beginnen so zu nuancieren und zu interpretieren, dass es wirklich Relevanz bekommt. Man ahnt, wie Nagano diese Partitur im Grunde dirigieren könnte. Nach dem Mittelteil der Oper zwischen den erwähnten beiden Motiven mit immer wieder Tendenzen zu überbetonter Heimatseeligkeit einerseits und oft bloß andeutungsweise und wie merkwürdig blockiert und erratisch die Kraft, die das ins Atonale greifende in sich trägt, andererseits, das Richard Strauss damals in dieser Oper auftauchen lässt. Musikalische Teile, von Nagono wohl beabsichtigt, wie zerlegt. Er ließ dabei zwar eine kraftvolle Dynamik zu, die aber nirgends hinzuführen schien oder überallhin, die sich um sich selber drehte und wirkte, als ob sie niemanden ganz zu erreichen beabsichtigte. Dirigierte dann nach dem Hinzukommen des Orest aber auf einmal so, dass direkte Anziehungskraft entstand. Und einfach einpeitschen lässt sich Leben nun mal nicht. Da erinnere ich an den Gedanken Naganos, ein Werk brauche Perspektive, wie er gegenüber dem BR kürzlich im Interview mit Dorothea Hußlein erwähnte. Ja, die»Elektra« von Richard Strauss muss man mit Perspektive dirigieren, ob Elektra nun am Ende tanzt oder nicht.
Im Programmheft zur Aufführung Lyrik von Trakl lesend, denke ich an eine »Elektra« in der sich so etwas wie Roheit, Rauheit, Ungeschliffenheit als eine Kraft aus der Vergangenheit Raum schaffen kann. »… Ein wildes Tier fraß des Liebenden Herz / Ein feuriger Engel / Stürzt mit zerbrochener Brust auf steinigen Acker …« (»Nächtliche Klage«, 2. Fassung, Georg Trakl). Ich stelle mir eine Neuinszenierung vor: Realismus die Bühne. Kent Nagano am Dirigierpult und natürlich, wie von manchem von uns geschätzt, Werkperspektive.

favicon

Home / Musik / Konzert

Text
Tina Karolina Stauner

Veröffentlichung
01.03.2009

Schlagwörter

Ähnliche Beiträge

Nach oben scrollen