Er gilt als einer der besten Gitarristen, die die Welt südlich der Karawanken jemals gesehen hat. Im ehemaligen Jugoslawien ist der mazedonische Gitarrenvirtuose Vlatko Stefanovski jedenfalls längst eine Legende. Sein Auftritt ist minimalistisch, eine One-Man-Show, ganz so wie auch seine neue Platte. »Dieses Album ist eine kühne Sache, zum ersten Mal habe ich den Mut gefasst und eine CD aufgenommen, auf der nur die Gitarre zu hören ist, aber genau das macht die Platte besonders. Der Weg von meiner Gitarre, die ja meine Emotion trägt und kommuniziert, zum Hörer war noch nie kürzer und noch nie direkter als jetzt«, sagt Stefanovski.
Produktionen weltweit
Vlatko Stefanovski hat eine beachtliche Karriere hinter sich. Eines seiner letzten Projekte war zum Beispiel die Zusammenarbeit mit dem bekannten australischen Gitarristen Tommy Emmanuel und der Gipsy-Jazz-Größe Stochello Rosenberg. Die drei Maestros tourten unter dem Namen Kings of String; ein Titel, dem sie alle drei wahrlich gerecht werden. Legendär sind auch Stefanovskis Auftritte mit dem New Yorker Gitarristen und Autor Miroslav Tadić, mit welchem er einige traditionelle mazedonische Tänze und Volksgesänge einem eher Jazz und Fusion gewöhnten Publikum anzubieten wusste. Zu erwähnen sind außerdem die Zusammenarbeit mit Jan Akkerman sowie Soloauftritte mit dem London Symphony Orchestra, dem MDR Leipzig Radio Symphony Orchestra oder dem Wiener Tonkünstler-Orchester.
Bedenkt man, dass Stefanovski mit seiner Band Leb i Sol im ehemaligen Jugoslawien auch als Pop-Rock-Größe zählte und auf Songs bzw. Alben von Goran Bregović und dem kroatischen Musiker und Komponisten Zlatan Stipišić Gibonni Gitarre spielte, kann man ihn eigentlich am besten als einen Rock-Fusion-Gitarristen beschreiben, der sich seiner mazedonischen Wurzeln bewusst ist und diese mit viel Feingefühl, Respekt und Würde in seine Musik einfließen lässt. All das kann nun auch das Wiener Publikum genießen, mit einem Extra: Denn wenn ein Stefanovski meint, dass die neue Platte etwas besonders ist, dann ist das bei Gott ernst zu nehmen!
Emotionen auslösen
Ebenso wichtig – und falls jemand so viel Virtuosität an der Gitarre abschreckt: Stefanovski gehört nicht zu der Sorte Gitarristen, die einem zweitausend Noten in einer Minute um die Ohren hauen, sodass man sie nicht mehr auseinanderhalten kann. Das könnte er zwar, seine Technik ist schlicht unglaublich, doch Stefanovski ist vielmehr ein Meister der Ausgewogenheit, einer, der Töne sehr behutsam und präzise einsetzt, um Gefühle zu erzeugen. »Bei einem Konzert geht es nur darum, ob du es schaffst, Emotion zu transportieren und Leute zu berühren. Ob du das dann mit zwei Noten machst oder mit fünfzig, das ist nebensächlich«, sagt Stefanovski. Lauscht man Aussagen aus dem Publikum, das Stefanovski schon in der One-Man-Show-Ausgabe gesehen hat, gelingt ihm das sehr gut; manche Konzerte sollen auch ziemlich tränenreich ausgefallen sein. Trostreich dazu die Schlussworte des weltgewandten Mazedoniers: »Je älter ich bin, desto mehr suche ich die Stille und versuche mich vom Lärm unserer Zeit, auch musikalisch gesehen, abzuschirmen. Wer Gott begegnen will, soll der Stille zuhören, heißt es und das gefällt mir sehr gut. Und das ist es auch was ich mit dieser Platte versucht habe zu erreichen: der Stille zu begegnen«.
Vlatko Stefanovski: »Mother Tongue« (Croatia Records)
http://vlatkostefanovski.com.mk/new-album-mother-tongue-out-now-on-croatia-records/
Live: 11. April 2018, 19:30 Uhr, Theater Akzent, Wien
https://www.akzent.at/home/spielplan/Y2018/M04/1336/Vlatko-Stefanovski