Woody Guthrie, fotos: unknown
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Der Vater des politischen Folk

Denkt man an Protestsongs und musikalische Rebellen, fallen einem die Folkies der frühen 1960er und die Punks der 1970er ein. Deren ?bervater, den sowohl Bob Dylan als auch Joe Strummer für seine Haltung so sehr verehrten, dass sie ihn zu Beginn ihrer Karrieren regelrecht imitierten, wäre am 14. Juli einhundert Jahre alt geworden: Woody Guthrie.

Schon als er noch lebte, Ende der 1950er, umgab den schwerkranken Musiker ein Mythos von Freiheit und Nonkonformismus, der die neue Generation faszinierte: Er galt als der ultimative Hobo, er hatte die weiten Landschaften Nordamerikas besungen, sich für die ??einfachen Menschen?? eingesetzt, welche die neuen Folkies aus der Mittelklasse ebenso romantisierten wie die Gewerkschaftskämpfe der 1930er. Sie hatten die Nase voll von der spie&szligigen Konformität der 1950er und waren auf der Suche nach ??Authentizität??, die sie in einem imaginären ??echten?? Amerika zu finden glaubten.

Das »alte, unheimliche Amerika«
Guthrie, 1912 in Oklahoma geboren, war in einer Welt aufgewachsen, die noch viel von dem »Old Weird America« hatte, wie es Greil Marcus immer wieder beschreibt [vgl. skug 90]. Hierher hatte man kein Jahrhundert zuvor die Indianer vertrieben und ihnen das Land versprochen, »solange das Wasser flie&szligt und das Gras wächst«. Dann wurde das Gebiet 1907 als Bundesstaat der USA einverleibt, als letzter der »Frontier«-Staaten, nachdem es den Indianern systematisch abgeluchst und von wei&szligen Siedlern besetzt worden war. Schon wenige Jahrzehnte später, nach dem 2. Weltkrieg, schien das alles wie aus einem anderen Zeitalter. Ein gewaltiger gesellschaftlicher Transformationsprozess hatte das Land zwischen den 1920ern und 1940ern umgekrempelt: Das ländliche, von den lokalen Kulturen der jeweiligen Einwanderergruppen geprägte Amerika war endgültig einer nationalen, urbanen Kultur gewichen. Riesige Migrationsbewegungen – aus dem Süden in den Norden und in den Westen – hatten die Kulturen vermischt. Neue technische Erfindungen wie Radios und Schallplatte hatten das gemeinsame Singen der von den Vorfahren und im Umfeld erlernter Lieder abgelöst, Musik aus allen Ecken der USA und sogar der ganzen Welt wurde für alle zugänglich. Popsongs wurden innerhalb kürzester Zeit zu Hits im ganzen Land. Aber nicht nur Pop, Jazz und Swing waren populär, auch die Musik des »Old Weird America« fand über die neuen Medien rei&szligenden Absatz. Es war die Musik einer untergehenden Welt, die vor allem von denen gekauft und gehört wurde, die noch von ihr geprägt waren. Jetzt lebten sie oft in Gro&szligstädten oder ihr Lebensumfeld auf dem Land veränderte sich zusehends radikal. Sie erwarben die wundersamen dunklen Scheiben als »Talisman ihrer eigenen Existenz«, wie Marcus schreibt. Schon in den 1920ern gab es Platten mit ??Race Music??, wie Blues damals genannt wurde, für ein paar Cents in den Corner Stores zu kaufen, ebenso Hillbilly-Platten oder Old Timey-Music, ein Synonym für den von der Musik der britischen Inseln geprägten Folk und Country. Sie war damals schon die Sehnsuchtsmusik nach einer heilen Welt in der Vergangenheit, ein emotionales Bollwerk gegen die feindlich und fremd erscheinende Moderne.
Guthrie war mit der Musik seiner Eltern aufgewachsen, den morbiden anglo-irischen Balladen der Mutter, den Cowboysongs des Vaters, die dieser als Jugendlicher beim Rinderhüten am Lagerfeuer gelernt hatte, bevor er Buchhalter wurde und als Landspekulant und Politiker Karriere machte und seiner Familie ein gehobenes Mittelklasseleben ermöglichen konnte. In der noch vom Wilden Westen geprägten Kleinstadt, in der Guthrie aufwuchs, hörte er auch durchreisende Unterhaltungsmusiker, Minstrel- und Medicine- Shows, die klassischen Unterhaltungsformen des 19. Jahrhunderts.
Ende der 1920er Jahre war die bürgerliche Existenz von Guthries Familie schon einige Zeit vorbei – der Vater war pleite, und die Mutter, die an der Hirnkrankheit Chorea Huntington litt, war in der Irrenanstalt. Er lebte jetzt bei seinem Vater in einer texanischen Kleinstadt, die von der Ülförderung geprägt war, und schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch. Sein persönliches Umfeld war von Fällen wie seinem geprägt: verarmte Mittelklassefamilien, die ums ?berleben kämpften. Er begann sich als Musiker zu profilieren. Sein wichtigster Einfluss waren jetzt neben seinem fidelnden Onkel Jeff, der ihm ein paar Tricks zeigte, Schallplatten: Stundenlang übte er die Griffe von Maybelle Carter, die er von den 78er-Schellackplatten der populären Carter Family abhörte. Der eigentümliche Stil dieser Hillbilly-Musikerin aus einem abgelegenen Winkel der Appalachen, die plötzlich zum Popstar wurde, beeinflusste mehrere Generationen nachfolgender Gitarristen. 1937 ging Guthrie nach Los Angeles und bekam mit seinem Cousin ein Engagement als Cowboy-Musiker beim Radio. Das war aber nicht mehr die Musik, die er von seinem Vater und Gro&szligvater – echten Cowboys – gehört hatte. Die Cowboy-Mode, die in den 1930ern ihren Höhepunkt hatte, war durch Show-Cowboys entstanden und durch das Hollywood-Kino geprägt, das bereits ab 1904 mit Bronco Billy Anderson seinen ersten Westernstar hatte. Dieses Repertoire veränderte sich jedoch bald, als Guthrie seine neue musikalische Partnerin Maxine Crissman fand. Sie kannte die selben alten Songs wie er. Auch wenn viele dieser Songs inzwischen schon auf Platte gepresst waren, waren ihre Versionen näher an der traditionellen Folkmusik. Wie Generationen von Musikern vor ihm schrieb Guthrie Texte zu aktuellen Ereignissen, ??borgte?? sich alte Melodien und änderte die Musik nur wenig. In Zeiten des Copyrights galt er aber nun als Autor.

Das Elend der Migranten aus der »Staubschüssel«
guthrie3.jpgGuthrie und Crissman gehörten zu den ersten Künstlern, die das soziale Phänomen der »Dust Bowl« thematisierten, wie es auch in John Steinbecks 1939 erschienenem Roman »Früchte des Zorns« beschrieben wird. Im Mittel- und Südwesten der USA, den Great Plains, wo auch Oklahoma liegt, hatte ein ineffektives Landwirtschaftssystem, die Ausbeutung der Kleinbauern durch die Banken und Bodenerrosion durch die Rodung des Präriegrases zu einer ökologischen und sozialen Katastrophe geführt. Die Farmer verloren ihr Land und suchten ein neues Leben anderswo. Viele gingen wie Guthrie nach Kalifornien. Hier waren sie nicht willkommen, da die gesamte USA von der Great Depression, Teil der Weltwirtschaftskrise, geschüttelt war und auch die bereits Ansässigen von Arbeitslosigkeit betroffen waren. Guthries und Crissmans »The Woody and Lefty Lou«-Show gab diesen neu Zugezogenen eine virtuelle Heimat: Sie erzählten ihre Geschichten, romantisierten die alte Heimat, sangen aber zunehmend auch über die schlechte Behandlung und Desillusionierung in der neuen.
Los Angeles war, wie die ganze USA zu dieser Zeit, von heftigen Arbeitskämpfen geprägt. Unter dem Eindruck von Massenarbeitslosigkeit und Elend hatte das gesamte Land einen Linksruck erlebt – kommunistische und sozialistische Ideale fanden breiten Zuspruch. Ein neues Gesetz im Rahmen des progressiven New Deal, mit dem der neue Präsident Franklin D. Roosevelt die Auswirkungen der Wirtschaftskrise bekämpfen wollte, garantierte die freie Wahl der Gewerkschaften. Das begünstigte den Aufstieg der neuen radikalen Industriearbeitergewerkschaft C.I.O., bei der die Kommunisten einen starken Einfluss hatten. An dem konservativ erzogenen Guthrie ging das alles zunächst relativ vorbei. Sein politisches Engagement beschränkte sich auf ein Schimpfen auf ??die da oben?? und die Lobpreisung des einfachen, hart arbeitenden Mannes, wie es in der Volkskultur Tradition hatte. Guthrie, der schon früh geheiratet hatte, hatte sich jedoch schon länger für die Kultur der Hobos interessiert, deren freier Lebensstil, oft verbunden mit einer antikapitalistischen Haltung, ihm mehr lag als die bürgerlichen Normen. Da er einige Erfahrung im Trampen und Reisen auf Frachtzügen hatte, schickte ihn sein Chef, der als Wahlkampfleiter für den linken demokratischen Gouverneurskandidaten von Kalifornien arbeitete, im Sommer 1938 als Hobo-Korrespondenten durch das Land. Er sollte über das Elend der Migranten aus den Great Plains, die man kurz und abwertend ??Okies?? (von Oklahoma) nannte, berichten: Die ??Okies?? wurden überall als billige Arbeitskräfte eingesetzt, wenn man sie nicht als Landstreicher verjagte. Was Guthrie hier an Elend und Ungerechtigkeit sah, politisierte ihn stark: Bis zu seinem Lebensende stand er danach der Kommunistischen Partei nahe und widmete sein Leben und seine Kunst dem Kampf gegen soziale Ungerechtigkeit und den einfachen Menschen, als deren Sprecher er sich fortan sah. Zudem war Guthrie wie auch viele andere Musiker aus einfachen Verhältnissen nicht der Typ, der sein Leben mit einem stupiden, schlecht bezahlten Job verbringen wollte, der nicht vor einem Boss buckeln, sondern seinem kreativen Talent nachgehen wollte. So entsprang sein Wunsch nach einer gerechteren Welt, in der der Wohlstand unter allen geteilt wird, diesen zwei Quellen: seinem ehrlichen, tiefen Mitgefühl für all die Notleidenden um ihn und seinem eigenen Interesse, frei seine Kunst ausüben zu können und trotzdem sich selbst und die Familie versorgt zu wissen.
1940 kam Guthrie nach New York – damals die modernste Stadt der Welt, die zudem eine ausgeprägte kommunistische Subkultur hatte. Der ??Okie??- Musiker, der zunächst als Exot galt, wurde bald zu deren Star. ??Authentische?? amerikanische Volkskultur war gerade hip, auch im Mainstream. Er bekam über seine neuen Kontakte lukrative Radioaufträge, auch bei gro&szligen kommerziellen Sendern wie CBS, und konnte Plattenaufnahmen für ganz unterschiedliche Leute machen. Der akademische Folksammler Alan Lomax, dessen Ziel es war, die untergehende Folkmusiktradition zu revitalisieren, nahm ihn für die Library of Congress auf. Er vermittelte ihm einen kommerziellen Plattenvertrag bei RCA. Hier wollte man ausprobieren, ob man nicht aus dem Interesse an der erfolgreichen Verfilmung von »Früchte des Zorns« durch John Ford Kapital schlagen konnte, indem man Guthries »Dust Bowl Ballads« zum selben Thema aufnahm. Später lernte er Moses Asch kennen, einen kleinen Labelbetreiber, der zwar auch den Kommunisten nahe stand, aber vor allem Musikfreund war: Er nahm jüdische liturgische Musik, Jazz und eben auch Folk, Country und Blues, die damals noch mehr oder weniger eine einheitliche ??Ursuppe?? bildeten, auf. Für ihn spielte Guthrie in einem knappen Jahrzehnt über dreihundert Songs ein, Traditionals und eigene, oft begleitet von seinem Freund Cisco Houston und auch Sonny Terry und Brownie McGee. Auf Aschs Label, das er nach dem Krieg Folkways nannte, erschien 1952 auch Harry Smiths einflussreiche »Anthology of American Folk Music«.

»This Land Is Your Land«
guthrey4.jpgDa hatten sich die Zeiten aber bereits entscheidend gewandelt. Während Guthrie und seine Freunde in den 1940ern noch für die Gewerkschaften und linke Politik gesungen hatten, sich dann gegen die Faschisten engagierten und die Sowjetunion während des Krieges als Verbündeter sogar im Mainstream unterstützt wurde, hatte seit 1947 unter dem FBI-Chef J. Edgar Hoover und Senator McCarthy eine verstärkte Kommunistenhatz eingesetzt. Asch veröffentlichte aus Vorsicht vor allem Guthries unpolitische Songs. Als auch bei den Gewerkschaften, für die er am liebsten spielte, die Kommunisten entfernt wurden, bekam Guthrie immer weniger Aufträge. Die kleine kommunistisch geprägte Folk-Community in New York ging in den Untergrund. Viele Künstler aus dem Umfeld wurden durch die Schwarze Liste arbeitslos. Eine neue Generation wuchs heran, die sich auch für Folk interessierte, aber sich politisch dem Zeitgeist entsprechend zurückhielt. Der kollektive Kampfgeist der Depressionszeit war nach Atombombe und Weltkrieg in der Konsumwelt der Nachkriegszeit einem nonkonformen Individualismus und Nihilismus gewichen. Harry Smith, der Herausgeber der »Anthology of American Folk Music«, war nicht nur ??unpolitisch??, sondern hatte auch einen anderen Ansatz als die akademisch geprägten Folksammler vergangener Jahrzehnte. Als Bohèmien, Hipster und Künstler suchte er keine ??authentische?? Folkmusik von irgendwelchen Field Recordings aus abgelegenen Gegenden, die es sowieso nie gegeben hat. Er wählte bewusst Songs aus, für die die Leute Geld ausgegeben hatten, indem sie die Platten kauften.
Auch die Guthrie-Jünger, die in der Zeit gehäuft aufzutauchen begannen, als der Künstler zunehmend selbst an der Erbkrankheit Chorea Huntington zu leiden anfing, waren mehr an seinem ??Cowboy-Ding??, sprich der vermeintlich authentischen uramerikanischen Kultur, die er repräsentierte, interessiert, als an seiner Politik. Das politische Element kehrte noch einmal in den Folk zurück, als Anfang der 1960er der antikommunistische Druck lockerer wurde und die neuen Folkies sich für die Gleichberechtigung der Afroamerikaner, gegen die Atombombe und den Kalten Krieg engagierten. Dass sich Dylan, der zum Star der Szene geworden war, bald vom explizit Politischen abwandte, war möglicherweise nicht weniger entscheidend, als dass er ??elektrisch?? wurde. Angeblich soll Guthrie schon in den 1950ern, als elektrische Gitarren aufkamen, nach einer solchen verlangt haben, war nur zu krank, diese noch zu spielen. Seit Anfang, Mitte der 1950er konnte er keine akzeptablen Aufnahmen mehr machen, obwohl ihm noch 1952 von Decca ein Vertrag angeboten worden war, wo man offenbar seinen desolaten Gesundheitszustand übersah. Zu verdanken hatte er seine neue Popularität vor allem den Weavers, bei denen u. a. sein Freund Pete Seeger spielte. Mit klinisch sauberen Orchester-Arrangements brachten sie unpolitische Folksongs in die Hitparaden, unter anderem auch umgeschriebene von Guthrie. Ihre steile Karriere wurde jedoch von der Schwarzen Liste jäh beendet, und auch Guthrie geriet darauf. Der war nun aber schon so krank, dass er bald stationär eingewiesen wurde und in Anstalten psychisch und körperlich immer mehr verfiel.
Als er 1967 starb, war er nicht nur durch die neuen Folksänger zur Legende gemacht worden, sondern jedes Kind kannte mindestens eines seiner Lieder: »This Land Is Your Land.« Das war von seinem Agenten kostenlos für die Schulbücher abgegeben worden, weil es das patriotische Potential einer Nationalhymne hatte. Allerdings nur, weil Guthrie selbst schon nach dem Krieg zwei Verse weggelassen hatte, die unter dem Eindruck der Depressionszeit geschrieben wurden – über Menschen, die im Schatten der Kirchtürme um Brot beim Sozialamt anstehen, und eine Kritik an Privateigentum. Diese Verse wurden zum Politikum, weil die Linken bald annahmen, sie wären absichtlich entfernt worden, um das Sozialkritische an Guthries Werk unter den Tisch fallen zu lassen, damit er als unpolitischer Nationalsänger instrumentalisiert werden kann. Das ist seit den 1960ern dann auch passiert. Schon als Guthrie noch zu Lebzeiten 1966 einen ersten staatlichen Preis erhielt, wurde die Befürchtung geäu&szligert, dass man ihn vom Revolutionär zum Bewahrer umstilisieren wolle. Andererseits wurden von konservative Gruppen und Mäzenen, die sich an seiner Kommunismus-Nähe störten, Ehrungen auch immer wieder verhindert.
In der Rockmusik hält sich Guthries Ruf als Nonkonformist und Rebell bis heute. Bob Geldof nannte seine Boomtown Rats nach einer Gang in Guthries autobiografischem Roman »Bound for Glory.« Joe Strummer identifizierte sich kurz vor der Zeit mit The Clash so stark mit ihm, dass er von Freunden »Woody« genannt wurde. Er übernahm nicht nur die Idee, politische Parolen auf Musikinstrumente und Kleidung zu schreiben – Guthrie hatte Anfang der 1940er seinen berühmten Spruch »This Maschine Kills Fascists« auf seiner Gitarre angebracht -, er nahm auch seine antirassistische und gewerkschaftsfreundliche Haltung an. The Clash waren wiederum politische Vorbilder für unzählige nachfolgende Musiker. Billy Bragg nahm vor fünfzehn Jahren mit Wilco unvertonte Guthrie-Texte auf und propagiert seitdem unermüdlich Guthries Werk. Tom Morello zog im vergangenen Jahr von Occupy-Veranstaltung zu Occupy-Veranstaltung, um den Kids die verlorenen Verse aus »This Land Is Your Land« beizubringen und die Parallelen zwischen Guthries Zeit und heute aufzuzeigen. Bruce Springsteen, seit dem Erscheinen der ersten Biografie 1980 Guthrie-Fan, nutzte sogar eine kommerzielle Plattform, seine Keynote-Speech für das diesjährige SXSW-Festival, um explizit den subversivsten Vers des Lieds über das Privateigentum zu singen, den er jedoch, als er mit dem Song in den Wahlkampf für Obama zog, doch weggelassen hatte … Als er ihn aber mit Guthries altem Weggefährten Pete Seeger vor dem Lincoln Memorial zu seiner Amtseinführung als Präsident sang, bestand Seeger auf alle Strophen.
Glenn Beck erkannte 2010 in seiner Fox-Sendung, in der er gern die »progressive Propaganda« von Popmusik aufdeckt, dass »This Land Is Your Land« von einem »progressiven Utopia« handelt, in dem »niemand etwas besitzt«. Allerdings hat die Mehrheit der Tea Party kein Problem mit dem Song, der zum nationalen Kulturgut gehört – sogar die subversiven Strophen deuten sie für sich um und ignorieren, dass Guthries Vision nicht so ganz die ihre war. Vielleicht war es genau das, was Springsteen meinte, als er bei seiner Rede sagte, Guthrie sei vielleicht verbindender für die gesamte USA als Elvis.
woody_guthrie_190.jpgEs sind nicht nur die gro&szligen, alten Stars, die sich auch heute noch auf Guthrie beziehen – sein Name und die damit verbundene Haltung schweben als Geist über der Popkultur, ob Sharon Jones »This Land Is Your Land« als B-Seite ihres Anti- Irakkriegs-Songs »What If I Stopped Paying Taxes« aufnimmt, Alabama 3 einen Song über aktuelle weltweite Ungerechtigkeit ohne weiteren Bezug einfach »Woody Guthrie« nennen oder Steve Earle ihn in »Christmas in Washington« wieder heraufbeschwört, weil er seine kämpferische Haltung wieder dringend vonnöten hält. Hoch über den Köpfen der Occupy-Demonstranten schwebte im vergangenen Jahr eine aktualisierte Version von Guthries Gitarrenspruch. Sie hatten auf ein Zelt, das zum Symbol der Bewegung geworden war, »This Tent Kills Fascists« geschrieben und trugen es wie ein Transparent durch die Stra&szligen von Oakland.

Weiterführende Literatur:
Barbara Mürdter: »Woody Guthrie – Die Stimme des anderen Amerika«
Verlag Neues Leben, Berlin 2012. 240 Seiten, EUR 17,95

Home / Musik / Artikel

Text
Barbara Mürdter

Veröffentlichung
10.09.2012

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