Vom Rumpf der acht Labelgründer, die in ständig wechselnden Kombinationen alle Stellungen durchprobieren (meistens in Gangbangs), liegen jetzt drei enger definierte Soloveröffentlichungen vor, die den Blick auf die Qualitäten dieser eigenwilligen Charaktere besser freimachen. Aus den Reihen von Clouddead, deren erste EPs ein Brocken neuer Ideen waren, an denen sich heute noch unzählige Acts abrackern, gehen alle drei Typen an den Start: WHY liefert mit »Oaklandazuasylum« wohl die größte Überraschung, denn er präsentiert sich hier als Songwriter krankhaft kindlichen Zuschnitts. Denke an einen Mix aus They Might Be Giants und Jackofficers und du weißt, was gespielt wird. Kinderreim-Styles mit kranker Elektronik, kurze, würzige Einheiten und jede Menge Fäkalsprache. Ein perfides Potpourri aus nicht zusammenpassen wollenden Einzelteilen, die im Gesamten genossen aber doch schlüssig wirken. Was auf die LP nicht draufgepasst hat, gibt’s auf der EP »The Early Whitney«. ODD NOSDAM fällt mit »No More Wig In Ohio« in die Kategorie des ausgerasteten Producers, der ohne Widerspruch seine Weirdness durchexerziert. Er ist der soundästhetisch anspruchsvollste Kopf der ganzen Bande, der hier komplett von sinnstiftender Kontinuität absieht und jeden Track auf autonome Reisen in akustische Niemandsländer schickt. Vocals gibt’s nur gelegentlich in Form von Samples, der Rest ist feinste Musik wie frisch vom Jupiter. Dose One (Clouddead) und Jel präsentieren als THEMSELVES auf »The No Music Of Aiffs« Remixversionen ihrer aktuellen Stücke und liefern so gleich eine Art Labelsampler mit. Alle hier genannten Acts kommen vor, erweitern den üblichen Remixjob gehörig und machen zum Teil ihre eigene Musik aus den Vorlagen. So kommt das Teil eher wie ein neues eigenständiges Album daher. Mit von der Partie sind auch The Notwist, Grandpope (Tortoise, übrigens seit Anbeginn immer wieder mit Anticon verbunden), Electric Birds, Hood, Fog, Matth und Hrvatski, falls noch jermand ein paar Namen zum weitergraben braucht. Dose One ist der wohl seltsamste Sänger der Bande und Jel ist der raffinierteste Musiker auf seinem Instrument, der Drummachine, die für seinen charakteristischen »few-bit-sound« unerlässlich ist. Eine aktuelle Solo-Mini-LP ist ebenfalls erhältlich. Auf der CD sind zwei Videos, der auch visuell völlig abgefahrenen Musiker, mit drauf. ALIAS taucht im Anticon-Geflecht nur hin und wieder bei Sole auf (gemeinsam auch als So Called Artists) und konzentriert sich sonst ganz auf seine eigene Mucke. »Eyes Closed« nennt er seine neue EP und mit Dunkelheit hat der Knabe einiges am Hut. Eher kalte, drumdominierte Soundlandschaften, versehen mit etwas Ethnosamples, etc., sind sein Markenzeichen. Ein kleines Zwischending, denn mit »Muted« geht er nun zum zweiten Mal die volle Länge. Diese formatfüllende Variante steht seiner Musik viel besser, weil sich seine epischen Ambitionen, fern von simplen Trackansammlungen, nur so verwirklichen lassen. Mit diesem Ansatz erinnert er wiederum an Sole, der auch stets darauf bedacht ist, in der Gesamtheit schlüssige Alben zu produzieren. Strategisch geschickt platzierte Gastauftritte von Markus Acher und Pedestrian lockern die Sache fein auf.
DOSH ist hauptberuflich Drummer bei Fog, beweist aber auf seinem namenlosen Instrumental-Debüt, dass er auch komplett eigene Sounds aus seinen Musiker-Genen rausschütteln kann. Natürlich liegt der Fokus auf rhythmischen Geflechten, in die er allerlei Samples (Gesprächsfetzen und »Field Recordings«) einbaut. Sechs Jahre hat er an seinem Debüt herumgebastelt; ein Umstand der absolute Dichte garantiert, aber auch hin und wieder den Verdacht aufkommen lässt, dass sich der Produzent in seinen eigenen Sounds verirrt hat. Wer will ihm das bei so einer zugespitzten Musik verübeln?
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