Sitzt man Alfons Kammerlander gegenüber, kommt man kaum auf den Gedanken, hinter diesem zwar jugendlichen Charme versprühenden, aber offensichtlich nicht mehr ganz jungen blonden Herren den Urheber des Tapes mit dem Titel »News from Santa Cruz« zu vermuten. So überzeugend klingt die darauf zu hörende Musik nach einem großen, vergessenen Proto- HipHop-Act aus irgendeiner US-Metropole. So überzeugend klingt die Stimme nach Soul und R’n’B aus den Hochzeiten dieser Genres. Doch so amerikanisch der Sound von Al Fonz auch klingen mag, entstanden ist die Kassette in Kammerlanders Haus im südburgenländischen Heiligenkreuz, wo der inzwischen 52-Jährige seit Mitte der 80er Jahre lebt und musiziert. Und zwar nahezu ausschließlich. Denn Alfons Kammerlander ist in der beneidenswerten Situation, praktisch keiner Lohnarbeit nachgehen zu müssen, da er, wenn auch recht bescheiden, vom Vermieten seiner Wiener Wohnung leben kann. Auch andere biografische Fakten erscheinen recht ungewöhnlich. So war Kammerlander nach ersten musikalischen Gehversuchen als frei dilettierender Multiinstrumentalist im Laufe der 70er Jahre 1979 neben Vickerl Adam kurze Zeit der zweite Sänger bei der legendären Funk-Rock-Performance-Gruppe Hallucination Company. Trotz seiner außerordentlichen stimmlichen Qualitäten musste Kammerlander diese Zusammenarbeit nach wenigen Monaten beenden, da er dem Tourstress nicht gewachsen war.
One-Man-Band
Nach ausgedehnten Auslandsaufenthalten hatte der Verehrer von Soul- Größen – vor allem des Atlantic-Labels wie Aretha Franklin und Otis Redding – dann zunächst den Anschluss zum aktuellen Musikgeschehen verloren, entdeckte aber im Laufe der 80er Bands wie This Heat, Talking Heads, Sugarcubes oder Public Enemy für sich. Durch die neuen musikalischen Entwicklungen inspiriert, beschloss Kammerlander wieder mit Freunden in seinem burgenländischen Domizil Musik zu machen. »Das musizieren ist leider so gewesen, dass es, wenn wir eine Session gemacht haben, wunderbar war. Wenn wir angefangen haben, eigene Nummern zu machen, haben wir immer Wickel mit einander gekriegt. Das hatte ich schon vorher in den 70ern ein paar Mal sehr krass so erlebt. Gleichzeitig habe ich mitgekriegt, es gibt Sequencer, es gibt Workstations, worauf man arrangieren kann, es gibt Vierspurkassettenrekorder. Und da habe ich mir dann, ich glaube `88 oder `89, einen Vostex-Vierspurrekorder gekauft und eine Roland-Workstation, D20 hieß die. War ein ziemlich schlechter Sequencer, die Sounds waren aber nicht so schlecht, und ich habe damit mein erstes Tape gemacht, `89. Habe ich aber nicht verschickt, ein paar Freunde haben mir kein gutes Feedback gegeben. Ich höre es mir noch immer recht gern an!«
Damit hatte Kammerlander aus der Not eine Tugend gemacht, er entwickelte eine Vorliebe für das Produzieren von Musik im Alleingang. Doch stieß er schnell an die Grenzen der Möglichkeiten seiner Aufnahmegeräte, seine bescheidenen finanziellen Mittel standen der Anschaffung neuem Electronicequipments aber lange im Wege. So gestattete ihm erst eine Erbschaft 1996 die notwendige Erweiterung seines Instrumentenparks um einen Hard-Disc-Rekorder. Erst jetzt sah der Musiker sich in der Lage, Tracks aufzunehmen, die er auch veröffentlichen wollte, eben als Al Fonz mit dem »News from Santa Cruz«- Tape, limitiert auf 50 Stück. Ungefähr vier davon konnte er verkaufen, die anderen wurden verschenkt oder an diverse Medien verschickt. Der kommerzielle Erfolg spielt für ihn ohnehin kaum eine Rolle, vielmehr scheint ihn die Liebe zum Musikmachen in völliger Eigenständigkeit anzutreiben: »Es ist halt irrsinnig schön, wenn mir was gut gelungen ist daheim, ich höre es mir dann manchmal 20-30 Mal an und tanze dazu oder haue mich aufs Bett dazu. Das ist halt in einem Studio nie drinnen. Und die Arbeitsweise, einmal eine Art Backup zu produzieren und dann was dazu zu machen, die behagt mir sehr.«
Funky, tanzbar, futuristisch
Inzwischen hat sich Kammerlander auch zwei Sampler zugelegt und völlig neue musikalische Pfade beschritten, zeigt sich dabei stets von aktueller Musik wie zur Zeit etwa Matthew Herbert oder Underworld begeistert, ohne seine musikalischen Wurzeln zu verleugnen: »Funk ist zusammen mit Old Soul eigentlich die Roots, ich habe natürlich viel mehr Roots als das, aber das sind die Roots, wo ich am ehesten auch wieder hin will. Das wäre das, was mir am meisten taugen würde, eine interessant arrangierte, gut tanzbare funky Musik zu machen.«
Live konnte Al Fonz seine Sounds erst einmal, in der Regionalschiene des Limmitationes-Festivals im März dieses Jahres präsentieren. Doch sobald er sein burgenländisches Haus winterfest gemacht hat, macht er sich daran, seine herbstlichen Auftritte vorzubereiten. Und von diesen ist sicher einiges zu erwarten.
skug presents Al Fonz: Dienstag, 4. Dezember im rhiz