© Heinz Zwazl
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Herr Jemineh, die Kinder und das Glück

Glück, was ist das? Ein Ballon, der für einen echten Elefanten herhalten muss, Zirkusspiele, Akrobatik, Matija, der auf dem Kontrabass elektronische Geräusche erzeugt?

Lauter riesige Blumentöpfe auf der Bühne, sogar das Licht hängt in einem Tontopf drin. Eine Schlagzeugerin sitzt hinter ihrer Snare Drum und klopft die Bass Drum auf einen Blumentopf. Es klingt hohl. Das Theaterstück für Kinder »Herr Jemineh hat Glück« des Labels Tanz*Hotel ist sehr gut besucht. Kleine und große Kinder warten auf der Stelle hüpfend voller Vorfreude auf den Einlass, die Schlange reicht bis zur Eingangstüre des Dschungels im Museumsquartier.
Herr Jemineh und seine Frau backen, klopfen Rhythmisches auf den Tisch. Die fünf mitspielenden Kinder sind, die Köpfe unter Kapuzen, auf der Bühnenseite in einer Reihe von Tontöpfen versteckt, nur die Arme hängen heraus -wie Pflanzen schaut das aus.
Zwazl2.jpg»Im Jemineh-Bilderbuch von Heinz Janisch und Selda Marlin Soganci kam Frau Jemineh nur am Anfang und am Ende vor, und die Kinder gar nicht«, erläutert Choreograf Bert Gstettner, der qualitativ hochstehendes Kindertanztheater machen will – sein erstes übrigens -, seine Neuerungen. Nun spielt Matija Schellander live auf der Bühne Kontrabass bei jeder Aufführung und Katharina Ernst Schlagzeug in ganz eigenen Varianten. Herr Jemineh ist eine Clownsfigur, sprachlich verstärkt durch den ungarischen Akzent des Schauspielers. Tätärätä stolpert er vom Unglück ins Glück, vom Glück ins nächste Unglück. Die Message an die Kinder ist die, dass man auch bei Pech Ausschau halten soll nach schönen Erlebnissen und niemals verzweifeln.

Geknödelter Rap
Die fünf Kinder in den Tontöpfen richten sich auf, lachen, klatschen mit. Kinder finden das, was Herr Jemineh im Tanz mit seiner Frau anstellt, Geschlechterfragen und Mann/Frausachen kindlich lustig: Jemand hoch Heben, Berühren, Tragen, sehen sie mit anderen Augen als die Erwachsenen. Mehr Kindlichkeit in Beziehungen! Die Frau ist größer als Herr Jemineh – lustiges Tango-Getue. Herr Jemineh sitzt auf einem Tontopf auf dem Klo. »Ich seh‘ deinen Popo!«, ruft ein Kind, die Schlagzeugerin spielt erstaunlich melodiös für nur zwei Geräte. Ûberhaupt ist die Tanzsprache sehr gut an Kinder angepasst. Das zeigt sich auch, als die Kinder endlich aus ihren Rückzugs- und Schutzraumtöpfen heraus kommen und als imaginäre Knödel tanzen. Die Kinder vor der Bühne reden mit: Marillenknödel, Frisurknödel, Pferdeknödel, Glücksbärknödel … Sie tanzen ursüß – die Kleinste mit den hochstehenden Haaren ist erst sieben! Und rappen:»Ein Tisch, sechs Knödel, vier Hände …« Klauen Herrn Jemineh die Knödel von der Gabel, das findet das Publikum urlustig. »Ein Salzstreuer, drei Teller, fünf Knödel …«. Beim Rap werden unterschiedliche Rap-Figuren getanzt, die Kleine schlägt wilde Räder. Spontaner Applaus. Viele Clownelemente unterwandern das Männliche an Herrn Jemineh: »Ich öffne die Türe und stolpere …« »Au!«, ruft ein Kind. Fröhliches Stolpern und sich Hinschmeißen wie in Zeitlupe. Draußen im Lokal gibt es vier Topfen- oder drei Marillenknödel um 4,80 Euro.

Blaue Windhose und Heimzirkus
_RH09363_bm.jpgMaxi, der Sohn von Bert Gstettner, zieht ein Schiff aus Tontöpfen, die Kinder machen eine Akrobatiknummer – die hätte die Schlagzeugerin eventuell etwas rockiger spielen können, Matija wirbelt eine Windhose, äh einen blauen Heulschlauch, im Kreis. Blaues Licht und das imaginierte Meer ist schon da. Herr Jemineh stürzt ins Wasser und sieht einen wunderschönen Fisch und ein Seepferdchen (Kostüm: Devi Saha) – gespielt von Gstettners schlauer, zweijähriger Tochter Rosina, ganz cool und locker vom Hocker. Sie zieht die erwachsene Schauspielerin im Lichtkegel des Scheinwerfers die Treppe herunter und hinter sich her quer über die Bühne. Applaus. Und weiter geht’s ohne Pause: Die Kinder, in hellen Hüten und mit Sonnenbrillen auf, schenken Herrn Jemineh einen hellen Anzug, weil sein Koffer voller schwarzer Klamotten ins Meer gefallen ist. Die Kinder schreien wie Möwen und fliegen in Hebefiguren über die Bühne. Schlagzeugwirbel. »Habt ihr immer Glück, Kinder?« Die Kinder im Publikum: »Jaa!« »Glück, was ist das?« Ein Ballon, der für einen echten Elefanten herhalten muss, Zirkusspiele, Akrobatik, Matija, der auf dem Kontrabass elektronische Geräusche erzeugt? Es folgt fröhliche Zirkusmusik, Maxi als ägyptischer Akrobat macht die Brücke rückwärts, Applaus. Heimzirkus, Kinder klettern auf den Erwachsenen herum, man hört wieder laute Kommentare aus dem Publikum. Glückspilz Hermann tanzt als Elefant einen Pas de deux. »Ohne Knödel kein Zirkus!« Ein Kind: »Stimmt nicht!«
»Vier Füße, zwei Schuhe, ein Ferdinand …« Herr Jemineh kriegt einen Blumentopf von einem Balkon herab auf den Kopf und lernt so seine zukünftige Frau kennen. »Er trifft seine Frau, ob das ein Glück ist, weiß sie gar nicht so genau. Glück, was ist das? Ein Spiel, das man gewinnt? Und wenn man es verliert? Ist das dann Pech? Wer ist glücklich? Wer sich nicht fürchten muss!«

Tanz*Hotel im Dschungel Wien: »Herr Jemineh hat Glück«
DI, 09.04.~10:30 | MI, 10.04.~ 10:30 & 14:30 | DO, 11.04.~ 10:30 | FR, 12.04.~ 10:30 & 18:00
Anschließend geht das Stück auf Tour.

Tickets/Infos:
DSCHUNGEL WIEN, MQ | Museumsplatz 1, 1070 Wien +43 1 522 07 20 20
tickets@dschungelwien.at | www.dschungelwien.at

Dauer ca. 50 Minuten. Empfohlen für Kinder im Alter von 5-101 Jahren

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