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Urban Art Forms, 4.8.2006, Festivalgelände Wiesen

Techno und Drum'n'Bass sind gemacht für den Club, keine Stadionmucke, eigentlich nichts für Festivals. Aber warum? Geht dann doch was?

17:30 Ankunft. Als ich am Festivalgelände in Wiesen eingetrudelt bin, stand der zweite Tag des Urban Art Forms 06 gerade in seinen Startlöchern. Der für Wiesen anscheinend obligatorische Regen war wurscht. Beide Floors, die technolastige Hauptbühne und das kleinere Drum’n’Bass-Zelt, waren überdacht. Zu verdanken hatten wir das den VJs, die sich auf unzähligen Riesenleinwänden austoben konnten. VJs beklagen sich oft darüber zu wenig gewürdigt zu werden, das stimmt auch, doch die Visuals am Urban Art Forms waren, trotz ihrer überdimensionierten Zurschaustellung, dann eher enttäuschend beliebig. Nun zur Musik. Die Hauptbühne machte einen sehr mächtigen Eindruck, man konnte zu diesem, für Techno viel zu frühen Zeitpunkt, erahnen was hier passieren könnte. Florian Meindl, ein österreichischer Newcomer in Sachen Techno, war als erster DJ an der Reihe. Er scheute das Tageslicht nicht und fing gleich mit einem straighten, ausgeklügelten Set an, ohne Ecken und Kanten. Kein leichtes Los bei noch wenigen Leuten das riesige Zelt mit Tanzmusik zu beschallen. Über die Sinnhaftigkeit ganz zu schweigen.

19:00 Wechsel ins Drum’n’Bass Zelt. Und siehe da, hier ging es schon rund. Keine Spur von Tageslicht, es war egal wie früh es draußen war. DJ Nu:Tone und MC Foxy heizten in klassischer Drum’n’Bass-Manier ein. Rollende Basslines und wuchtige Beats um 180BPM. Nichts neues, aber es funktionierte. Mir wurde es dann doch ein wenig zu fad und meine Füße befanden sich noch nicht in Tanzlaune.

19:30 Retour ins Land des 4/4-Takt. Dort war gerade Andre Galluzzi an den Plattentellern. Galluzzi schloss nahtlos an seinen Vorgänger Meindl an, nett, nicht mehr und auch nicht weniger. Abwarten auf den ersten Live-Act: Northern Lite. Die deutsche Elektrocombo kam mit einem Elektronik, Gitarren und Gesang umfassenden Line-Up daher. Bei Northern Lite war das erste mal das musikalische Spannungsverhältnis zwischen Festival und Club-Musik spürbar. Irgendwie war das nicht Fisch und nicht Fleisch. Auch das Publikum tat sich sichtlich schwer. Der darauf folgende Live-Act Mathew Jonson war zwar wieder ein klassischer Electronic-Act, jedoch nicht weiter spektakulär.

23:00 Das erste Highlight. Trentemoeller feat. DJ T.O.M. war der erste Act auf der Hauptbühne, der es verstanden hat, zu rocken. Zugegeben, die Umstände waren jetzt besser und passender. Es war endlich richtig dunkel und genug Leute waren anwesend, um das Riesenzelt nicht lächerlich wirken zu lassen. Trentemoeller, der seine Wurzeln im Indierock hat, machte richtig Show. Er spielte mit dem Publikum. Der Däne hat sein Set extrem intelligent für diesen Anlass strukturiert, als ob er genau geahnt hätte was ihn erwartet. Hie und da überraschte er mit Blur- oder Nirvana-Bootlegs, perfekt eingebettet in sein Elektrotech-Set. Das Publikum dankte es ihm und es war eine schön anzusehende Symbiose.

00:30 Kurzer Abstecher. Im kleineren Zelt hat sich, bis auf die Anzahl der Leute, nichts verändert. Super-Stimmung und hüpfende Ausdauertänzer, ein einziges Scheißbad.

00:50 Götterdämmerung. Jeff Mills, einer der Detroit-Technoheroes, war an der Reihe. Und Mills war so richtig gut. Techno auf einer ganz anderen Ebene. Große DJ-Kunst. Abgebrüht und trotzdem immer am Rande des Wahnsinns. Strukturen, die Mills von den meisten anderen Techno-DJs unterscheidet. Treibend und fangend, nie plump und keineswegs offensichtlich. Nach Trentemoeller das zweite richtige Highlight vom Urbans Art Forms 06. Das Festival hatte als Hauptsponsor Eristoff Tracks. Ohne den Getränkehersteller wäre das Mega-LineUp mit Acts wie Modeselektor, DJ Krust, Jeff Mills, T.Raumschmiere usw. sicher nicht möglich gewesen. Ricardo Villalobos hab ich nicht mehr geschafft. Es war dann einfach zu viel. Sinnlos schon um 17:30 zu starten. Was geblieben ist, sind gemischte Gefühle. Einerseits tolle Momente mit Trentemoeller und Jeff Mills, andererseits die Frage: Warum braucht Club-Musik ein Festival?

Home / Musik / Konzert

Text
Philipp Waltner

Veröffentlichung
08.08.2006

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