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The Paper Chase – 9. 5. 2005, Chelsea Wien

»Staccato (italienisch: getrennt) gehört in der Musiklehre zu den Artikulationen und bedeutet, dass eine musikalische Note kürzer gespielt wird, als die Note es normalerweise vorschreibt. Die Note klingt dadurch kurz und abgehackt.« (von wikipedia.de)

Ich muss ehrlich gestehen, ich war etwas sauer auf Paper Chase. Als sie letzten September in Wien spielten und eine wahnsinnige dreiviertelstündige Show ablieferten, haben sie den Opener ihres aktuellen Albums »God Bless Your Black Heart« nicht gespielt. Dieses Lied, »Said The Spider To The Fly« war es, das ich hören wollte. Es vereinte alles, was ich an Paper Chase wirklich lieben wollte. Sie versprachen mir, es beim nächsten Mal nachzuholen.

Paper Chase sind nervöse, grausame Energie. Energie, die sich aus dem HC-Umfeld heraushebt und mit winselnder Jugendlichkeit verspielte Emotionstürme und krachende Dissonanz-Akkus auflädt. Und vor allem: The Paper Chase sind Meister des Stehenbleibens. Die Riffs, die hier zur Debatte stehen, schneiden sich förmlich in den Raum, das Schlagzeug zettelt einen Stop-And-Go-Krieg mit der Stimme an, und kein Ton wird über endlose zwei Takte hindurch gehalten. Zack, zack, zack. Bomben, Geschosse fliegen durch Luft. Die Gitarre explodiert in kleinen, minimalistischen Verzerrungsimpulsen und perlt Akkorde und Diskorde aneinander, wie sie Punk nie zugelassen hätte. Ein einziges, treibendes Stakkato erarbeiten Paper Chase auf der Bühne, und es gelingt kaum jemandem besser heutzutage.

Gegen Ende hin fragen sie das Publikum, ob denn jemand damals, beim letzten Wien-Konzert da war. Der nächste Song sollte alle Spannungen lösen. »Said The Spider To The Fly« ist der vielleicht einzige Paper Chase-Song, der sich dem oben beschriebenen Duktus entzieht. Es ist eine Ballade von derartig größenwahnsinniger Intensität, dass sie es auch mal mit Streichern probieren, die einen ganzen Refrain in helles Licht tauchen dürfen. Eine Stimm-Melodik, die auf einmal so klug und elegant wirkt, liefert das kopfkissennässende Manifest des Abends: »Good things die all the time / So God bless your heart, vengeance is mine. / Kiss me like you mean goodbye, said the spider to the fly. / All those times you thought that you were wrong, you were right«.

Und wer danach nicht glücklich war, der oder die ist wahrlich selbst schuld.

Home / Musik / Konzert

Text
Marko Markovic

Veröffentlichung
13.05.2005

Schlagwörter

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