Mehr über das Projekt:
Steyr ist in erster Linie für die Produktion von Traktoren, Fahrädern, Waffen und Lastwägen bekannt. Weniger bekannt ist, dass es auch mehrere Besteckfabriken gab, die gut vernetzt waren und auch für andere bekannte Besteckmarken, wie etwa für die Firma Berndorf in NÖ, produzierten.
Nur wenige kennen die Geschichte des Amboss-Werkes in Neuzeug/Sierning. Dort wurden ab den 1950er Jahren unter dem Einfluss namhafter Designer_innen Bestecke neu gestaltet und teilweise avantgardistisch interpretiert (u.a. von Oswald Härtel, Carl Auböck, Helmut Alder und Janos Megyik).
Das Besteck-Portfolio, das dabei entstand und international vertrieben wurde, ist einzigartig für den Raum Steyr. Die Bestecke sind in ihrer ästhetischen Qualität gleichauf mit bekannten Bestecken aus Skandinavien oder Italien.
Die Geschichte des Neuzeughammers und der Amboss-Bestecke ist ein prototypisches Beispiel dafür, wie eine fundierte lokale Tradition durch Weitblick und Einfluss von Außen zu neuer Gestaltung finden kann. Die Bestecke aus Neuzeug und sind heute gefragte Sammelobjekte und in zahlreichen Museen vertreten.
Die Ausstellung will das Wissen und die Bestecke zurück nach Steyr bringen und diese beeindruckende Entwicklung und Gestaltung am Ort ihrer Entstehung zeigen und wieder bekannt machen.
Die Kunstausstellung, die gemeinsam mit den Bestecken gezeigt wird, nimmt Bezug auf die eingangs erwähnten Produkte, die in Steyr produziert wurden bzw. werden und thematisiert ihre, je nach Einsatz und Verwendung, inhärente Ambivalenz.
Geschichtlicher Hintergrund
Die Oberösterreichische Eisenwurzen bezieht ihren Namen aus dem Vorhandensein von Holz, Kohle, Eisen und Wasserkraft. Schmiedeeisen, Sensen- und Nagelschmieden, Waffen, Besteck und Fahrzeuge sind spezifische Produkte dieser Region. Die aus der Kleineisenindustrie des 19. Jahrhunderts und der Industrialisierung hervorgegangene Unternehmensstruktur prägt das Leben in Oberösterreich noch heute.
Der Zuzug von Messerern aufgrund der idealen Infrastruktur aber auch die Ausweisung von Einwohnern nach dem 30-jährigen Krieg wegen der Reformation nahm Einfluss auf die Entwicklung der Eisenwurzen.
Am Beispiel des Besteckerzeugers Neuzeughammer Ambosswerk soll die Bedeutung des Einflusses von außen auf die Tradition der Marke anschaulich dargestellt werden.
Das Unternehmen bestand von 1769 bis 1976 und ist aus dem Zusammenschluss der Ignatz Bandl Eisen- und Stahlwarenfabrik und Otto Christ Neuzeuger Messer- und Stahlwarenfabrik zu den Merkurwerken Ignatz Bandl und Otto Christ GesmbH entstanden. Ab 1945, unter Hans Malzacher, firmierte das Unternehmen unter dem Namen Neuzeughammer Messer- und Stahlwarenfabrik GesmbH, später dann Neuzeughammer Ambosswerk.
Der bisher konventionelle Bestecke produzierende Betrieb erfuhr unter dem Einfluss der Familie Malzacher eine Änderung der Firmenphilosophie. Ab Mitte der 50-er Jahre wurde die Produktion zunehmend auf eigene Designentwürfe moderner Bestecke aus rostfreiem Stahl umgestellt. Designer aus Wien, München und Budapest bestimmen die Entwicklung der Ambosswerke.
Durch den Einfluss von Außen, auch Hans Malzacher ist nicht aus Oberösterreich (Traisen/NÖ), ist ein neues Markenbild entstanden welches heute die Tradition der Ambosswerke darstellt.
Wird Tradition nicht weiterentwickelt und verbleibt ohne den belebenden Einfluss der Innovation, so verharrt sie in Folklore. Ebenso verhält es sich mit dem Begriff Heimat – ohne Veränderung ist diese nicht zu haben.