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Karl Ritter: „Crashtestjazz“
23. Dezember 2018, 20:30
Das Ritual wird per Definition als ein Vorgehen nach festgelegter Ordnung bezeichnet. In der Soziologie, und die spielt hier herein, steht es für eine besonders ausdrucksvolle und standardisierte individuelle oder kollektive Verhaltensweise. Karl Ritter, integere, charismatische Fixgröße der Gegenwartsmusik hierzulande, ein Ohr immer an der Zukunftsperspektive, überschreibt mittlerweile seine musikalische Kosmologie mit dem Terminus „Soundritual“. Die festgelegte Ordnung bezieht sich bei ihm einerseits auf die Idee der instrumentellen Umsetzung, andererseits auf sehr flexibel ausgestaltete Skizzen, die der improvisatorischen Flüchtigkeit in der Ereignisdarlegung große Bedeutung einräumt. Standardisiert sind bei Ritter lediglich seine Freigeistigkeit und wagemutige Neugierde. Gepaart mit unerbittlichem Nonkonformismus und Kompromisslosigkeit hat sich der Musik-Polyglotte über Jahrzehnte hinweg sein ureigenstes Multiversum geschaffen, in dem alle seine Anregungsquellen und Erfahrungen, gesammelt in den Gefilden des Austropop, der radikalen jazzimmanenten Improvisation, progressiver Kompositionsansätze, bis hin zu Wort & Musik- Extravaganzen, zur Deckung kommen. Einem Work-In-Progress Ansatz folgend, reizt Ritter dieses Umfeld, mit wechselnden Gästen unterschiedlichster Spielfassonen, welche er noch dazu mit seiner ausgelebten Obsession an die Grenzen bringt, in alle Richtungen aus, um schlussendlich wieder bei sich anzukommen. Jeweils am Vorabend seines Geburtstages bringt er seine aktuelle Phantasiegeburt zur Aufführung. Ein kurzzeitiger gesundheitlicher Rückschlag verurteilte ihn letztjährig zu Inaktivität. Für heuer hat er die quasi idente Instrumentierung gewählt, nur anstelle der Stimme tritt ein Marimbaspieler und der Spiritus Rector selbst fügt jetzt die starkbesaiteten Nuancen hinzu. Kurz zurückgehört ins vergangene Jahr: „…wuchernde Ereignisse die einer klar umrissenen Binnenstruktur immer bedacht waren und gängige Funktionalismen musikalisch zwingend ausweiteten, griffen potenzierend Platz, als sich nach und nach die ProtagonistInnen des Saxophonquartetts Phoen in die klangradikalen, kantigen Vermessungen einklinkten. Atonale Verschleifungen durchdrangen sich mit modalen Phantasien, freie Metren mit periodischen Grooves, geradlinige melodische Formeln mit amelodischem Klangspiel. Das entscheidende Bindeglied zwischen diesen divergierenden Gestaltungsmitteln stellte unmissverständlich das Rhythmuswesen dar, das trotz allem avantgardistischen Habitus, die fortwährend präsente Bodenhaftung und Körperlichkeit garantierte.“ Konzeptionell steht nun unter dem Titel „crashtestjazz“, die simultane Realisierung zweier divergierender musikalischer Szenarien an. Eine Idee zu der Ritter durch Ornette Colemans epochalem Werk „Free Jazz“, durch bekannte Begegnungen von Jazzgruppen mit Blasmusikkapellen oder Streicherensembles und ähnliches angeregt wurde. Bei seiner querverstrebten Herangehensweise könnte eine kontrapunktische Autonomie ins Zentrum rücken. Ritter bekräftigend: „Ich verfolge die Idee schon seit geraume Zeit, weil sich dabei neue Horizonte auftun und so richtig weiterentwickelt hat sie niemand. Durch das Crashen von zwei unterschiedlichen Stücken entsteht ein neuer Klang, den man sich so oftmals gar nicht ausdenken kann. Außerdem liebe ich Abenteuer.“ Ein solches ist fraglos zu erwarten. Bleibt noch: „Klass, dassd wida mitmischt Karl“. (Hannes Schweiger)
Karl Ritter: guitar
Viola Falb: soprano, alto saxophone
Christoph Pepe Auer: alto saxophone, bass clarinet
Arnold Zamarin: tenor saxophone, clarinet
Florian Fennes: baritone saxophone, clarinet
Christian Grobauer: drums
Raphael Meinhart: marimba
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