Foto: Wolfgang Woessner /MAK
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Station Rose – Freibeuter der Datenbrösel

Legende als Begriffsumfassung ist immer ein zwiespältiges Wort. Auf Station Rose mag es zutreffen, doch die unbewegliche Denkmalsform, das hochkulturelle Schulterklopfen und Rumstehen als Museumsstück ist nicht ihr Ding.

Dazu feilen und feilschen Gary Danner und Elisa Rose schon zu lange an ihrer künstlerischen Vision eines vollvirtuellen Habitats, einer alternativen, total multimedial vernetzten Spielfläche als Kunst,- Kommunikations,- eben Daseinsform. Das absolut unzeitgemäße Exzentrikertum des Idealisten halt. Bruce Sterlings Bild von der Zukunft als durchgehende Shopping Mall, eben eh schon quasi die Realität, ist der Feind. Kunst und ihre Artikulationsflächen, also eben auch Computer, Netzwerke, Cyberspace, sind die wichtigste, wenn nicht einzige Form, um Alternativen zu bauen, Abstand und Überwindung. Neue Welten, Baby! Die Grundgedanken schmecken nach 1988, als das Kunststudenten-Liebespaar sich in einem sogenannten Lab, pionierwärts virtuell vernetzt und tätig, formierte. Der Plan, F.M. Einheit oder Bob Adrian an ihrer Seite. Die Strategie ist seitdem gleich geblieben: Der Netzstaat Gunafa, gebildet durch ein reines unverpflichtendes Kommunikationsnetz, dem jeder Interessierte beitreten kann. Ständige Webcastings. Global vereinte Sequencing-Parties. Musik und visuelle Kunst als stetiges, unkonserviertes Live-Erlebnis, das im 01-Dschungel seine kurze Daseinsfrist verbringt. Das Happening im elektronischen Nirvana. Finanziell greift man freilich schon gelegentlich auf gewöhnlich kaufbarere Formen zurück: Die Clubbings im XS von 1992-94 der seit damals ergriffenen Wahlheimat Frankfurt. Galerienvertretung. Bezahlte Hochkulturaufträge. Und natürlich die Tonträger, in den frühen Techno-Neunzigern mit NME und MTV-Smashstompern wie »Dave« und »Fab505«, die heute eher unter Liebhabern verdealten kindlichen Beatperlen des »Au Ciel«-Albums, oder der kürzlich erschienenen »Manifestation!«-EP, die in ihren Grooves eher psychedelische Trällerpopwärme versprühen als ascii-asketisches Nerdgeknurpsel. Und die Wärme, Persönlichkeit und rasende Kommunikationsfreude von Station Rose ist es auch, die sie 16 kaum modifizierte, nur technologisch aufgerüstete Jahre danach noch immer spannend macht, weil es sie so drastisch von der Sprachfeindlichkeit, Zerstückelungsbesessenheit der auch schon wieder gealterten E-Generation unterscheidet. Für sich und eben auch im Vergleich sind sie als nächstes bei der von skug-Art-Honcho Roland Schöny kuratierten Spektral-Reihe im O.K.Zentrum Linz zu bewundern.

»Electronic Habitat 03« by Station Rose, 18. 3. – 20. 4. 2004, O.K Centrum, Linz
http://www.ok-centrum.at/index.html (Ausstellung)
http://www.well.com/~gunafa/ (Station Rose-Infopage)
http://www.stationrose.com (Station Rose-Webcasts)

Home / Musik / Artikel

Text
Paul Poet

Veröffentlichung
16.12.2004

Schlagwörter

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