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Knalpot

»Dierendag«

Shhpuma

Es darf zu den eher raren Gelüsten gezählt werden, Maschinen bei ihrem Summen, Rauschen oder Knattern zuzuhören. Wenn man sich beispielsweise freut, ein Auspuffrohr (niederl. »knalpot«) vollmundig knattern zu hören. Klar, das kann auch ganz schnell auf den Senkel gehen, insbesondere wenn ein Hirsch auf dem Motorrad sitzt und meint, das Aufheulenlassen der Maschinen würde irgendwen beeindrucken. Das ist natürlich nicht gemeint. Sondern diese eigentümlich versöhnliche Harmonie, die entsteht, wenn ein Motor gelassen vor sich hin tuckert. Der Beat der Waschmaschine im Nebenraum wäre ein anderes Beispiel. Umhüllt von solchen Klängen kann jene Ruhe einkehren, die einem sonst eben gerade von den Maschinen geraubt wird. Das ist dann wahrscheinlich eine Art Dialektik der Maschinenwelt. Raphael Vanoli  (g, synth, electronics) und Gerri Jäger (dr, synths, electronics) aus Amsterdam kennen sich damit sehr gut aus. Sie basteln Sounds aus moderaten Synthesizerstörgeräuschen, die immer ein wenig flimmern und knistern und Vangelis oder Jean-Michel Jarre zum zwanghaften Knöpfchendrehen gebracht hätten. Schön blöd, denn so ist es viel schöner. Warum vom Synthesizer eine Viola da gamba nachgemacht bekommen, wenn der Synthie am schönsten klingt, wenn er so klingt, wie er eben klingt. (Okay, die Aussage ist bei einem Imitationswerkzeug, das potenziell alle Klänge nachahmen kann, ein bisschen absurd – dennoch.) Darüber hinaus lassen es sich die beiden Herren auch nicht nehmen, einfühlsam Gitarre und rhythmisch komplex Schlagzeug zu den Elektroklängen zu spielen. Durch die verträumten, traurigen Melodien und ein scheinbar ewigweitertreibendes Drumming sinkt man dahin in eine Harmonie mit den Apparillos. Mitunter sehr süßlich eingestellte Passagen lassen annehmen, man könne den Apparaturen so nah sein, wie einem Lebewesen. Einem treuen Pferd zum Beispiel. Oder einer Heuschrecke, auf der die Menschen in Holland früher zur Arbeit geritten sind. Derart einen harmonischen Tiertag (niederl. Dierendag) einzulegen, ist sehr zu empfehlen, weil vielleicht nur so die maschinenlärmgeplagte Seele etwas Ruhe finden kann.

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Text
Frank Jödicke

Veröffentlichung
09.01.2019

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