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Parasyte Woman

»Homeless Information«

Echokammer

Würde man sich die Musik von Parasyte Woman im Kino anschauen wollen, sä&szlige man in einem abgelegenen, schlecht besuchten und schlecht ausgeleuchteten Hinterhofkino in dem ein B-Movie-Double-Feature läuft, erst ein Horrorfilm, der im wilden Westen spielt, und dann ein Science-Fiction-Film mit tanzenden Pflanzen von der Venus. Das Münchener Duo, bestehend aus Manu Rzytki und Tobias Laemmert, erzeugt auf seinem Debütalbum »Homeless Information« (das schon vor über einem Jahr erschienen ist) mit stammelndem Schlagzeug, abgehackten Gitarren-Einsprengseln, allerlei elektronischem Gefrickel, verwunschenen Synthies und der vereinzelten Orgel einen kantigen, knarzenden, ausgemacht weirden Sound. Doch erst der Gesang und das Gehauche und das Betören von Rzytki, mal unterkühlt und mal hysterisch, geben der Musik dieses Schaurige und Bedrohliche, das das ganze Album durchzieht. Ob es in Cramps-artige Rockabilly-Gefilde geht (»Private Motocross«), im Kosmonautenanzug in den Weltall (»Hubbles Drift«), ob sich an psychedelische Alpträume erinnert wird (»Nightmare No 1«), oder eine Dean Martin-Schnulze (»No More Cows«) so interpretiert wird, als wäre es in Wirklichkeit ein verstaubtes Old Weird America aus der Zeit der gro&szligen Depression, das hier gecovert würde: überall schweben Geister umher, tauchen Gesänge von Sklavenkolonnen aus den Tiefen des Äthers auf, locken und warnen vom Wahnsinn befallene Stimmen und Chöre. Das Cover- und Booklet-Artwork von Nana Dix gibt dieser Stimmung mit verstörenden Collagen und Anleihen bei der Gothic-Ästhetik der Addams Family ihre perfekte visuelle Entsprechung. Parasyte Woman erinnern daran, dass hinter den glatten Fassaden der modernen Städte und der kantenlosen Angepasstheit des modernen Menschen doch noch Gefahren lauern, bedrohliche Schattenwesen und unterbewusste Leidenschaften, die sich irgendwann ihre Bahn brechen werden und unserer heutigen nur auf reibungsloses Funktionieren geschalteten Welt etwas von ihrer Unberechenbarkeit und Lebendigkeit zurückgeben.

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Text
Hardy Funk

Veröffentlichung
14.05.2012

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